Thüringische Landeszeitung (Gotha)
Verbale Defensivtaktik
Vor dem Thüringer FußballPokalfinale loben sowohl die Nordhäuser als auch die Erfurter vor allem den Gegner
RotWeiß: Uzan reißt sich das Kreuzband
ERFURT. Es steht viel auf dem Spiel. Der Verein, der am Donnerstag den Thüringer Pokal gewinnen wird, kann durch den Einzug in die erste DFB-Pokalrunde mit etwa 150 000 Euro rechnen. Eine Summe, die sich noch deutlich erhöhen würde, bekommt man einen großen Club aus der Bundesliga zugelost. Aber auch sportlich wäre der Pokaltriumph ein Hauptpreis. Wacker Nordhausen könnte unter eine völlig verkorkste Regionalliga-Saison zumindest einen Glanzpunkt setzen. Der FC Rot-Weiß würde den schwer auf dem Verein lastenden Fluch vertreiben. Als ranghöchster Thüringer Club durften die Erfurter zuletzt 2009 jubeln. Danach folgte ein langer und leidvoller Weg, gepflastert mit etlichen Demütigungen.
Geht es nach Nordhausens Trainer Volkan Uluc, soll am Donnerstag eine weitere hinzukommen. Er würde nur zu gern den „Party-Crasher“im Steigerwaldstadion geben, stapelt dafür aber bewusst tief: „Wir sind der klare Underdog. Für Erfurt wäre es eine Blamage, mit der Euphorie des Klassenerhalts im Rücken, es im eigenen Stadion nicht zu schaffen“, sagt er und lockt mit dieser verbalen Defensivtaktik bei Stefan Krämer ein wissendes Lächeln hervor. „Wir werden uns von den Aussagen sicher nicht einlullen lassen. Ein Endspiel ist immer ein Duell auf Augenhöhe. Nordhausen hat eine Drittliga-Mannschaft beisammen, gegen die es brutal schwer wird zu gewinnen.“
Ähnlich sehen es beide Kapitäne. Wackers Tobias Becker erklärt: „Natürlich wäre es nach diesem Jahr eine echte Genugtuung für unsere Fußballer-Seele. Doch wir wissen auch, dass wir eine sehr gute Leistung und viel Glück brauchen, um gegen RWE bestehen zu können.“Mario Erb ist überzeugt davon, dass seine Teamkollegen „kein Prozent weniger geben als in einem Ligaspiel. Sonst wäre man in einem Pokalfinale auch fehl am Platze. Wir werden gewiss niemanden unterschätzen“.
Der Drittliga-Verbleib ist am Samstagabend gefeiert worden, doch schon bei der Kabinen-Party hätte der Fokus auf dem Endspiel gelegen, verrät Erb. Sein Trainer bestätigt: „Hier lechzen alle nach dem Pokal.“Entsprechend akribisch bereitet er seine Mannschaft seit gestern darauf vor. Das Training wurde für alle Tage auf die ungewohnte Anstoßzeit von 12.45 Uhr verlegt, „damit sich die Jungs auf die früheren Abläufe einstellen können“. Am Mittwochabend zieht er das Team, wie vor dem Meisterschaftsfinale, erneut im Erfurter Airport-Hotel zusammen. Dennoch hat Krämer einen markanten Unterschied zum Drittliga-Showdown ausgemacht. „In der Meisterschaft hatten wir etwas zu verlieren. Jetzt gibt es etwas zu gewinnen. Das ist eine Luxus-Drucksituation.“Die stabilen Auftritte zuletzt in Rostock und gegen Großaspach lassen ihn zuversichtlich drein blicken. Allerdings muss er den Ausfall einer Offensivkraft verschmerzen: Tugay Uzan zog sich gestern im Training einen Riss des vorderen Kreuzbandes im rechten Knie zu und fällt monatelang aus. Ebenfalls verletzt sind Sebastian Tyrala und Luka Odak. Hinter dem Einsatz von Daniel Brückner steht ein Fragezeichen.
Wacker setzt in der Vorbereitung sogar auf ein Kurz-Trainingslager. Ab heute stimmt sich die Mannschaft in Teistungen (Eichsfeld) auf das große Spiel ein. Trainer Uluc kann personell aus dem Vollen schöpfen; weiß jedoch auch, „dass jeder seine Wehwehchen wegdrückt, um Donnerstag dabei sein zu können“. Dass es für Nordhausen ein Auswärtsspiel ist, will er gar nicht erst thematisieren: „Wenn man die Chance hat, den Pokal zu holen, muss man sie nutzen – egal wann, egal wo. Aber wir sind natürlich krasser Außenseiter, erst recht im Erfurter Stadion.“Was dennoch möglich ist, zeigt die Historie: Dreimal standen sich beide Vereine schon in Thüringer Pokal-Endspielen gegenüber – von 1996 bis 1998.
Und zweimal behielt dabei Wacker die Oberhand. FSV Wacker Nordhausen – FC Rot-Weiß Erfurt, Donnerstag . Uhr, Steigerwaldstadion