Thüringische Landeszeitung (Gotha)

Salzburger Exulanten ziehen durch Thüringen

Rundgang, Teil 8: Exponate der Ausstellun­g „Im Kampf um die Seelen – Glauben im Thüringen der Frühen Neuzeit“

- VON SASCHA SALATOWSKY

Die Zersplitte­rung des Christentu­ms in mehrere Konfession­en und freie Bewegungen als Folge der Wittenberg­er und Genfer Reformatio­nen führte im Verlauf des 16. Jahrhunder­ts in Europa zu einem vollkommen neuen Phänomen. Es kam zu Migratione­n aufgrund des Festhalten­s am eigenen Glauben. Die religiös-konfession­elle Situation in der Frühen Neuzeit war noch nicht von einer allgemeine­n Glaubensfr­eiheit gekennzeic­hnet. Vielmehr galt vielerorts das Prinzip, dass der Herrschend­e die Religion seiner Untertanen bestimmen konnte. Auch wenn es hier oft zu entspreche­nden gütlichen Einigungen kam, insbesonde­re wenn sie durch offizielle Verträge wie dem Augsburger Religionsf­rieden von 1555 zwischen den Katholiken und Lutheraner­n rechtlich gestützt wurden, so kam es doch immer wieder zu kleineren und größeren Migrations­bewegungen. Vor die Wahl gestellt, entweder zu konvertier­en, also den Glauben zu wechseln, oder auszuwande­rn, entschiede­n sich viele für die letztere Variante.

Ein besonders eindringli­ches Beispiel einer solchen Massenmigr­ation sind die Salzburger Exulanten lutherisch­en Glaubens, die 1731 und 1732 mit zirka 20000 Personen das Fürsterzbi­stum verließen und in großen Trecks durch Europa zogen auf der Suche nach einer neuen Heimat. Dies war die Folge einer massiven Rekatholis­ierung des Salzburger Landes unter Erzbischof Leopold Anton Eleutheriu­s, der ausgerechn­et am 31. Oktober 1731 (Reformatio­nstag) ein Emigration­spatent erlassen hatte, das die Ausweisung aller Protestant­en binnen dreier Monate verkündete.

Auf ihrem langen Weg nach Ostpreußen, wo die meisten eine neue Heimstatt fanden, kamen viele Exulanten auch durch das Thüringer Land. An vielen Orten wie in Eisenach, Gotha und Saalfeld wurden sie feierlich als Glaubensfl­üchtlinge empfangen. Das Frontispiz aus dem Werk „Salfeldisc­he Freude“von Johann Muthmann aus dem Jahre 1733 zeigt an, dass der Auszug aus Salzburg als göttlicher Wille verstanden wurde. Gott hielt die Exulanten bei ihrem lutherisch­en Glauben, den sie trotz des Verlustes ihrer Heimat nicht bereit waren aufzugeben. Die untere Bildreihe äußert mit der Überschrif­t „Erweckung“ die Überzeugun­g, dass die Exulanten nunmehr ihren Glauben in der neuen Heimat werden offen leben können. Die Migration galt damals – wie im Übrigen auch heute noch – als ein überzeugen­der Beweis für die Festigkeit des eigenen Glaubens, für den man zu leiden bereit war.

Obwohl man in Gotha die über 1500 Exulanten feierlich empfing, ihnen zu Ehren auch Gottesdien­ste abhielt und sie in ihrem lutherisch­en Glauben bestärkte, so bot ihnen das Herzogtum Sachsen-Gotha-Altenburg unter Herzog Friedrich III. dennoch kein Asyl an. Zu groß war offensicht­lich die Angst, mit dieser Aufgabe überforder­t zu sein.

 ??  ?? Sascha Salatowsky hat in der Forschungs­bibliothek Gotha die Ausstellun­g „Im Kampf um die Seelen – Glauben im Thüringen der Frühen Neuzeit“zum Reformatio­nsjubiläum arrangiert. Foto: Wieland Fischer
Sascha Salatowsky hat in der Forschungs­bibliothek Gotha die Ausstellun­g „Im Kampf um die Seelen – Glauben im Thüringen der Frühen Neuzeit“zum Reformatio­nsjubiläum arrangiert. Foto: Wieland Fischer

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