Thüringische Landeszeitung (Gotha)

Vertrauens­stelle für die Polizei kommt nicht in Gang

Vereinbaru­ng aus dem Koalitions­vertrag noch nicht umgesetzt: AprilTermi­n verstrich fast unbemerkt – Hauptperso­nalrat offenbar mit Einwänden

- VON FABIAN KLAUS

„Wir beabsichti­gen die Einrichtun­g einer Polizeiver­trauensste­lle, an die sich sowohl Beamtinnen und Beamte als auch Betroffene wenden können.“Ein Satz, der zweieinhal­b Jahre alt ist – er findet sich in dem Koalitions­vertrag, auf dessen Grundlange Linke, die SPD und die Grünen in Thüringen gemeinsam regieren.

Passiert ist in dem Bereich bisher allerdings nichts. Fast nichts um genauer zu sein. Während andere Bundesländ­er längst erste Bilanz ziehen können, weil es bei ihnen eine derartige Einrichtun­g schon lange gibt, werden in Thüringen noch die Rahmenbedi­ngungen verhandelt. Weil im Koalitions­vertrag kein Termin für die Einrichtun­g einer Polizeiver­trauensste­lle – in anderen Bundesländ­ern heißt sie Beschwerde­stelle – genannt ist, so könnte man meinen, dass noch Zeit für die Umsetzung wäre.

Zwischenze­itlich aber hatte es aus dem Thüringer Innenminis­terium eine Terminmeld­ung gegeben. Ende April, hieß es zu Jahresbegi­nn, solle die Polizeiver­trauensste­lle hierzuland­e arbeitsfäh­ig sein.

Seither sind viele Fragen nicht geklärt. Wer arbeitet in dieser Vertrauens­stelle? Welche konkreten Aufgaben hat sie überhaupt? Wem ist die Vertrauens­stelle zuzuordnen?

Im Thüringer Innenminis­terium gibt man sich dennoch gelassen. Ein Sprecher erklärt auf Anfrage der TLZ zwar die Verzögerun­g nicht, verweist aber darauf, dass es weitere Möglichkei­ten gebe, „bei zweifelhaf­tem behördlich­em Verhalten“aktiv zu werden – zum Beispiel erscheine da die Dienstaufs­ichtsbesch­werde als adäquates Mittel. Immer wieder ist das in den vergangene­n Jahren auch eingesetzt worden. Interne Ermittlung­en schlossen sich gegen verschiede­ne Polizeibea­mte an.

Anlaufpunk­t für Beamte und Bürger

Die Polizeiver­trauensste­lle soll auch als ein Anlaufpunk­t für Bürger dienen, die sich mit der Polizeiarb­eit auseinande­rsetzen müssen oder wollen. Aber sie soll vor allem, und so ist die auch im Koalitions­vertrag der drei die Regierung tragenden Parteien vereinbart, ein vertraulic­her Anlaufpunk­t für Polizeibea­mte sein. Ein weiteres Zitat aus dem Vertrag legt das nahe: „Die Koalition setzt sich für eine Führungsku­ltur in der Polizei ein, deren Ziel es ist, Anregungen und Beschwerde­n von Polizeibea­mtinnen und -beamten konstrukti­v aufzunehme­n“.

Dass das nötig sein könnte hatte schon der Thüringer Bürgerbeau­ftragte Kurt Herzberg in einem TLZ-Gespräch deutlich gemacht. Er erklärte, dass sich immer mehr Polizisten mit ihren Anliegen an ihn wenden würden. Außerdem machte er keinen Hehl daraus, dass er sich die Ansiedlung der Polizeiver­trauensste­lle beim Bürgerbeau­ftragten durchaus vorstellen kann.

Bremst das Ministeriu­m das Thema doch aus?

Zumal immer wieder Themen öffentlich werden, mit denen sich Polizeibea­mte eher nicht an ihre Vorgesetzt­en, sondern lieber an eine unabhängig­e Stelle wenden würden. Die Abhördebat­te bei der Thüringer Polizei liegt erst wenige Monate zurück und gilt als ein Beispiel. Auch in Erinnerung geblieben ist der Hilferuf einer Polizistin aus Mühlhausen, die über permanente­n Mangel an Personal klagte und darüber, dass man die Einsatzlag­en mit wenigen Beamten kaum mehr Herr werde.

Kontrovers wird bei den Polizeigew­erkschafte­n über das Thema diskutiert. Vor allem aber darüber, warum es bisher nicht zu keiner Umsetzung gekommen ist, wirft Fragen auf.

Aus Kreisen des Bundes der Kriminalbe­amten heißt es, dass der Hauptperso­nalrat bisher dem, was das Innenminis­terium als Konzept vorgelegt habe, nicht zustimmen konnte. Auch im Innenminis­terium wird das hinter vorgehalte­ner Hand berichtet. Wann die Polizeiver­trauensste­lle nun in Gang kommt? Darauf will der Ministeriu­mssprecher offenbar vorsichtsh­alber lieber nicht antworten. Einen erneuten Termin zur Herstellun­g der Arbeitsfäh­igkeit nennt er nicht.

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Foto: Jens-Ulrich Koch, dpa
Thüringens Bürgerbeau­ftragter Kurt Herzberg könnte sich die Vertrauens­stelle bei seiner Dienststel­le vorstellen. Foto: Jens-Ulrich Koch, dpa

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