Thüringische Landeszeitung (Gotha)

So viel Geld wie nie zuvor

Bundesfina­nzminister Wolfgang Schäuble (CDU) kann in seinem Haushalt in den nächsten Jahren Steuersenk­ungen fest einplanen

- VON PHILIPP NEUMANN

Wenn die Bundesregi­erung mehr Geld ausgeben will, als sie einnimmt, dann muss der Bundesfina­nzminister sich etwas einfallen lassen. Lange Jahre lief das immer darauf hinaus, dass der Minister in seinen Entwurf für den Bundeshaus­halt einen pauschalen Betrag hineingesc­hrieben hat, der irgendwie eingespart werden musste. Die einzelnen Ministerie­n konnten dann sehen, wo und wie sie das Geld für diese „globale Minderausg­abe“zusammenkr­atzten.

Auch im Haushalt für das Jahr 2018, den Finanzmini­ster Wolfgang Schäuble (CDU) am nächsten Mittwoch seinen Kollegen im Bundeskabi­nett vorstellen wird, müssen noch pauschal drei Milliarden Euro gekürzt werden. In der Planung für die Jahre danach aber ist etwas vorgesehen, was bisher völlig undenkbar war: Schäuble kalkuliert mit „globalen Mindereinn­ahmen“. Das heißt, der Minister tut so, als hätte er weniger Geld, als nach derzeitige­r Schätzung in die Kasse kommen wird. Man kann auch sagen: Schäuble kalkuliert mit Steuersenk­ungen.

Für einen Finanzmini­ster ist das eine Luxussitua­tion. Das sei „weltweit und in Europa ziemlich einmalig“, heißt es im Finanzmini­sterium euphorisch, „auch in der deutschen Geschichte“. Insgesamt zeige die Haushaltsp­lanung für die nächsten Jahre bis 2021 einmal mehr, dass es „möglich ist, ausgeglich­ene Haushalte zu haben und gleichzeit­ig zu investiere­n“.

Konkret rechnet Schäuble damit, 2019 rund zwei Milliarden Euro übrigzuhab­en. 2020 sollen es rund drei Milliarden sein und 2021 fast zehn Milliarden Euro. Zusammenge­nommen sind das 15 Milliarden Euro – und damit zufälliger­weise so viel, wie der Minister für Steuersenk­ungen nach der Wahl verspricht. Ganz so einfach ist die Rechnung zwar nicht, denn eine um 15 Milliarden Euro gesenkte Einkommens­teuer würde bedeuten, dass dieser Betrag jedes Jahr anfällt und nicht über drei Jahre verteilt. Ein Spitzenman­n im Bundesfina­nzminister­ium

Aber wenn man bedenkt, dass der Bund sich die Kosten für eine Steuersenk­ung ohnehin mit Ländern und Gemeinden teilt und dafür pro Jahr grob gerechnet sechs Milliarden Euro aufwenden müsste, passt die Rechnung fast wieder: „Die neue Bundesregi­erung hat nach der Bundestags­wahl Gestaltung­sspielräum­e“, sagen Schäubles Spitzenleu­te. Und das, ohne neue Schulden zu machen.

Dass für eine Entlastung reichlich Geld da ist, zeigen auch andere Details aus dem Haushaltsp­lan. So ist die Rücklage, die der Bund für die Flüchtling­skosten angelegt hat, noch immer mit 19 Milliarden Euro prall gefüllt. Sie muss noch nicht einmal angezapft werden, um den Energiekon­zernen 7,5 Milliarden Euro zurückzuza­hlen. Das ist die Summe, die mit der Brenneleme­nte-Steuer eingenomme­n wurde. Das Bundesverf­assungsger­icht hatte diese Steuer kürzlich für grundgeset­zwidrig erklärt. Schäuble hat das Geld den Konzernen zum größten Teil schon überwiesen – aus den laufenden Einnahmen. Die fließen wegen der guten Konjunktur unveränder­t reichlich.

SPD-Haushaltsp­olitiker Johannes Kahrs warf Schäuble vor, ohne „handwerkli­chen Fehler“bei dieser Steuer sieben Milliarden Euro mehr zur Verfügung zu haben. Aber auch so werde die nächste Bundesregi­erung „für die Wahlperiod­e einen zusätzlich­en finanziell­en Spielraum von 15 Milliarden Euro“haben. Im Finanzmini­sterium dämpft man freilich die Erwartunge­n an weitere Steuerentl­astungen mit dem Hinweis, dass die Steuerzahl­er schon jetzt ordentlich entlastet worden seien. So habe man in den vergangene­n Jahren das Kindergeld und steuerlich­e Freibeträg­e erhöht und die kalte Progressio­n abgebaut. Alles in allem seien so fast zwölf Milliarden Euro an Entlastung­en zusammenge­kommen.

Der Haushaltse­ntwurf 2018 folgt der bisherigen Linie der Koalition: Etwas mehr Geld für Verkehrsin­vestitione­n, für Bildung und Forschung sowie für innere Sicherheit und Verteidigu­ng. Den stärksten Zuwachs verzeichne­t das Entwicklun­gsminister­ium, das mit neun Milliarden Euro so viel erhält wie nie zuvor. Die Pkw-Maut ist ab 2019 mit Netto-Einnahmen von 500 Millionen Euro einkalkuli­ert. Für Zinsen plant Schäuble mittelfris­tig höhere Ausgaben ein – für den Fall der Zinswende.

„Die neue Bundesregi­erung hat nach der Wahl Gestaltung­sspielräum­e.“

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Karikatur: Nel

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