Thüringische Landeszeitung (Gotha)
Blieb seiner Heimatstadt zeitlebens verbunden
Baumeister, Künstler und Architekten in Gotha: Bildhauer Christian Behrens (18521905)
Die Stadt Gotha hat in ihrer Geschichte eine Reihe von bedeutenden Bildhauern hervor gebracht. Dazu zählte auch der Hofbildhauer Eduard Wolfgang (1825-1874), um den es auch noch in dieser Serie gehen wird. Während dieser ständig in seiner Heimatstadt lebte und wirkte, hat einer seiner Schüler Gotha verlassen, um sich in der Fremde weiterzubilden. Trotzdem blieb er zeitlebens seiner Heimat verbunden und hat unübersehbare Spuren hinterlassen. Die Rede ist von dem Bildhauer Christian Behrens, dem zu verdanken ist, dass im Jubiläumsjahr die beiden Reformatoren Luther und Melanchthon Einheimische und Gäste vom Portal der Margarethenkirche grüßen. Das am 12. Mai 1852 in der damaligen Quergasse 779b geborene älteste Kind des Hofkürschnermeisters und Pelzwarenhändlers Eduard Behrens (18191873) und Johanne Magdalene, geb. Reinhard (1820-1905), wurde auf die Vornamen Gustav Christian Friedrich getauft. Er besuchte die erste Bürgerschule und anschließend das Gymnasium Ernestinum. Nach der bereits erwähnten Bildhauerlehre bei Eduard Wolfgang ging Behrens 1870 an die Akademie nach Dresden, wo er bereits als Schüler erste Preise erhielt.
Von 1872 bis 1877 arbeitete er im Meisteratelier von Ernst Julius Hähnel (1811-1891). Für die von ihm geschaffene Statue „Hagen, den Nibelungenhort in den Rhein versenkend“erhielt er bereits 1873 als 21-Jähriger die Große Goldene Medaille. Anschließend begab er sich auf Studienreisen, die ihn nach Belgien, Holland, Paris, Italien, Wien, New York und Boston führten. In den Jahren 1880 und 1881 setzte er seine Studien bei den Professoren Carl Kundmann und Edmund von Hellmer in Wien fort. Dort verkehrte er auch mit seinem Landsmann, dem Maler, Bildhauer und Karikaturisten Ernst Juch (18381909), der ebenfalls ein Schüler Wolfgangs gewesen war.
Von 1881 bis 1885 wirkte Behrens als selbstständiger Künstler in Dresden. In dieser Zeit entstand auch die abgebildete Statue von Ernst II. von Sachsen-Coburg und Gotha (1818-1893) für den Kuppelsaal des 1879 eröffneten Herzoglichen Museums, die den Herzog in der Tracht des Ritters des englischen Hosenbandordens darstellt. Für diese Arbeit bekam der Künstler 1882 das Ritterkreuz II. Klasse des Ernestinischen Hausordens verliehen. Eingeweiht wurde es 1883 am 65. Geburtstag des Herzogs.
1886 folgte Behrens dem Ruf als Vorstand des Meisterateliers für Bildhauer an das Schlesische Museum der bildenden Künste in Breslau. 1896 erhielt er den Königlich Preußischen Professorentitel. Behrens war Mitglied der Deutschen Kunstgenossenschaft und des Künstlervereins in Breslau. Er schuf Statuen, Reliefs, Grabmonumente, Marmorbüsten sowie Figuren, wie beispielsweise für das Georgentor am Dresdner Stadtschloss sowie das Reichstagsgebäude in Berlin.
Für Gotha fertigte er noch eine Bronzebüste für den verstorbenen Schützenmeister Albert Sterzing (1822-1889), die am 28. September 1893 im Wäldchen neben dem Schützenstand enthüllt wurde, sowie die erwähnten Statuen von Martin Luther und Philipp Melanchthon für das Portal der Margarethenkirche, die der Künstler 1900 seiner Heimatstadt zum Geschenk machte. Seine letzte Arbeit war das 52 Meter lange Frontrelief mit der zwölf Meter hohen Mittelfigur des St. Michael für das Völkerschlachtdenkmal in Leipzig, die er jedoch nicht mehr vollendet sehen sollte.
Gottlob Schneiders Beitrag über Behrens im 1906 erschienenen „Gothaer Gedenkbuch“endet mit den Worten: „Sein Elternhaus war das Haus Nr. 2 der Querstrasse, es sieht nach den Statuetten Luthers und Melanchthons im Portal der Kirche von St. Margarethen hinüber. Er war unverheiratet geblieben, im letzten Lebensjahre von schwerer Krankheit heimgesucht worden und ist ihr am 14. September 1905 in Breslau erlegen.“Seine Mutter war erst wenige Monate zuvor am 14. Januar 1905 hochbetagt gestorben.
In dem im „Gothaischen Tageblatt“erschienenen Nachruf hieß es: „Behrens war nicht der Mann der großen Menge, in der Kunst nicht, und nicht im Leben. Wer aber seine Werke kannte und das Glück hatte, ihm näher zu treten, dem erschloß sich eine Persönlichkeit von seltenem Werte. Eine umfassende Bildung, originelle Gedanken und ein kaustischer Humor, das waren die Charakteristika seines Wesens. In seinen Werken paarte sich ein ungewöhnlich plastisches Empfinden mit tief durchdachtem Inhalte und einer geistvollen Formensprache, die mit Vorliebe ältere Stile, besonders das Barock, espritvoll variierte.“
Ältestes Kindes eines Hofkürschnermeisters
Seinen vier Gothaer Schöpfungen wurde lange Zeit übel mitgespielt. So wurde die Lutherfigur an der Margarethenkirche bei dem Bombenangriff vom 10. November 1944 stark beschädigt und erst nach 2000 restauriert. Die Sterzing-Büste erhielt 1945 einige „alliierte“Volltreffer und überdauerte die DDRZeit im Depot des Museums für Regionalgeschichte. 1997 erhielt sie auf einem neuen Sockel einen Ehrenplatz im neu geschaffenen Schützenpark hinter der Stadthalle.
Der einst im Treppenhaus des damaligen Kassengebäudes in der Justus-Perthes-Straße 2a befindliche Abguss der Hagen-Figur hat wohl die Besatzungszeit nicht überlebt. Das Standbild von Herzog Ernst II. kehrte dagegen bereits kurz vor der Wende auf seinen angestammten Platz im Oktogon des damaligen Museums der Natur zurück, nachdem es jahrzehntelang in einer nahe gelegenen Abstellkammer ausharren musste. Ein Jahr nach der Wiedereröffnung des Herzoglichen Museums erhielt die Statue im Oktober 2013 auf Initiative des Freundeskreises Kunstsammlungen einen nach historischem Vorbild angefertigten Sockel.
Dass Behrens in der deutschen Künstlerwelt nicht vergessen ist, beweisen die Einträge im „Allgemeinen Künstler-Lexikon“(1994) sowie in der „Deutschen Biographischen Enzyklopädie“. Beide nennen jedoch leider den 14. Oktober 1905 als vermeintliches Sterbedatum.