Thüringische Landeszeitung (Gotha)

Erinnerung an Karl Panse

Der Weimarer Verleger und Schriftste­ller wurde vor 220 Jahren geboren – ein Vorkämpfer liberalen Geistes

- VON WOLFGANG HIRSCH

Fast gänzlich aus dem kollektive­n Gedächtnis entschwund­en ist der Weimarer Autor und Zeitungsgr­ünder Karl Panse (17981871), dessen Geburtstag sich heute zum 220 Mal jährt. Panse war zu Lebzeiten eine hoch angesehene Persönlich­keit, ein Vorkämpfer liberalen Geistes und Streiter für die Reichseini­gkeit des in autonome Feudalstaa­ten zersplitte­rten Deutschlan­ds. Er leitete ab 1832 die Redaktion der „Weimarisch­en Zeitung“und gründete im Zuge der 1848er-Bewegung ein neues Blatt mit dem programmat­ischen Titel „Revolution“, das alsbald seinen Namen in „Deutschlan­d“änderte.

In Naumburg geboren, ließ Panse sich 1823 in Oberweimar nieder, „um den Künsten und Wissenscha­ften sich allein zu widmen“. Als Belletrist und Autor historisch­er Schriften erwarb er damals einige Bekannthei­t; etwa sein Trauerspie­l „Der Sylvestera­bend“(1823) verschwand jedoch längst im Staube germanisti­scher Archive, und zum Beispiel seine zweibändig­e „Geschichte des preußische­n Staates“ist heute noch antiquaris­ch erhältlich. 1835 bis 1841 diente er zudem als Gymnasiall­ehrer für Geschichte und Literatur.

Weitaus wirkungsmä­chtiger nahm Panse jedoch als Zeitungsma­nn Einfluss auf das geistige Leben im Großherzog­tum und darüber hinaus; man darf ihn fraglos als Begründer der Weimarer Publizisti­k ansehen, einige erkennen in ihm sogar eine Art ideellen Urvater der – allerdings erst nach dem Zweiten Weltkrieg gegründete­n – TLZ. Nationalli­beral gesonnen, setzte Panse sich engagiert für Dr. Karl Panse, Schriftste­ller und liberaler Verleger Foto: Pavillon-Presse die Bürger- und Freiheitsr­echte ein, und er erblickte in der hehren Vision eines geeinigten Staates der Deutschen eine leuchtende Zukunft.

So zitiert sein Nachruf, erschienen auf der Titelseite der „Deutschlan­d“am Tag seiner Bestattung, dem 23. Mai 1871, den Schluss seiner „Reden an das deutsche Parlament“von 1848: „Ich sehe nur einen Weg: Preußens Weltstellu­ng muß in der deutschen aufgehen. Dann wird Deutschlan­d, in ein unzertrenn­liches Eins verschlung­en mit Preußen, das stärkste Reich, die kraftvolls­te Nation und das freieste Volk der Erde werden. Denn dann ist es sich selbst genug, ungestört kann es die Institutio­nen seiner Freiheit entwickeln und mit den Waffen in der Hand den Frieden diktieren in Europa!“

Was in unseren heutigen Ohren so martialisc­h und unerträgli­ch nationalis­tisch klingt, muss man aus der Zeit heraus verstehen. Eine Reichseini­gung im Zuge der Paulskirch­enVerfassu­ng kam aber bekanntlic­h in den 1848er Jahren nicht zustande. Erst 1871, nach dem deutsch-französisc­hen Krieg, wurde am 18. Januar in Versailles Wilhelm I. zum Kaiser der Deutschen proklamier­t. Es wird dem bereits schwerkran­ken Karl Panse eine Freude und Genugtuung gewesen sein.

Vier Monate später verschied er am 20. Mai 1871 in Weimar. Am Tag darauf, einem Sonntag, druckte „seine“Zeitung, die „Deutschlan­d“, die Traueranze­ige in der Abendausga­be direkt unterm Titelkopf. – In heutiger Zeit hält das wackere Häuflein der „Pavillon-Presse“in der Weimarer Scherfgass­e, dem historisch­en Verlagssta­ndort, das Andenken an Karl Panse aufrecht.

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