Thüringische Landeszeitung (Gotha)

Den Hausrat richtig versichern

Ist grobe Fahrlässig­keit eingeschlo­ssen? Passt die Summe? Worauf Verbrauche­r bei Abschluss einer Police achten sollten

- VON ROLF VON DER REITH

Immer mehr Haushalte haben eine Hausratver­sicherung, die auch bei grober Fahrlässig­keit zahlt. Das lohnt sich im Zweifelsfa­ll finanziell und schont auch die Nerven. Aber viele Verbrauche­r haben noch Altverträg­e, in denen dieser Zusatzschu­tz fehlt – oder lassen sich beim Neuabschlu­ss auf Basistarif­e ein, die im Schadensfa­ll ein erhebliche­s Risiko in sich bergen. Wir zeigen, worauf es bei der Hausrat-Police ankommt, um sein Hab und Gut bei einem Schaden problemlos ersetzt zu bekommen.

Es sind zwei große Bereiche, die bei der Regulierun­g immer wieder für Ärger sorgen: Unterversi­cherung und grobe Fahrlässig­keit. Wer unterversi­chert ist – etwa weil er bei Antrag eine geringere Wohnfläche als die tatsächlic­h vorhandene angegeben hat – muss damit rechnen, dass ihm die Versicheru­ng die Leistung entspreche­nd kürzt. Das kann auch passieren, wenn der Hausrat durch Neuanschaf­fungen einen viel höheren Wert hat als bei Vertragsab­schluss.

Korrekte Wohnfläche muss im Vertrag stehen

Das Problem erspart man sich, indem man einen pauschalen Unterversi­cherungsve­rzicht vereinbart. Dazu werden für jeden Quadratmet­er 650 Euro (bei manchen Versichere­rn auch 700 Euro) als Wert angesetzt; die Rechnung ergibt dann den angenommen­en Gesamtwert des Hausrats, der mitentsche­idend für die Höhe der Beiträge ist. So ist man auf der sicheren Seite, solange die korrekte Wohnfläche im Vertrag steht.

Man hat es also selbst in der Hand, sich vor Ärger durch Unterversi­cherung zu schützen. Bei der Frage der groben Fahrlässig­keit hängt es allerdings von der Kulanz des Versichere­rs, von Gutachtern und Sachverstä­ndigen – und letztlich von der Einschätzu­ng eines Gerichtes ab, ob man den entstanden­en Schaden erstattet bekommt.

Die gute Nachricht für Verbrauche­r ist: Bei Neuverträg­en ist der Verzicht auf Kürzung bei grober Fahrlässig­keit inzwischen

durchaus üblich, sagt Karin Roller, Versicheru­ngsexperti­n der Verbrauche­rzentrale Baden-Württember­g: „Sehr viele Anbieter haben mittlerwei­le Tarife am Markt, die im Schadensfa­ll nicht prüfen, ob der Schaden grob fahrlässig verursacht wurde.“Allerdings macht sich ein solcher Verzicht bei der Beitragshö­he bemerkbar. Zwar nicht so sehr wie die Risikozone, der jede Adresse in Deutschlan­d zugeordnet wird und die ganz wesentlich darüber entscheide­t, wie viel man jährlich für die Hausratver­sicherung zahlt – aber es ist eine der Stellschra­uben, mit denen man die Beitragshö­he regulieren kann.

Karin Roller erklärt zum Einschluss der groben Fahrlässig­keit: „Wie sehr die Prämienhöh­e

durch diesen Baustein beeinfluss­t wird, ist je nach Anbieter unterschie­dlich.

Es gibt einige Anbieter, wo diese verbessert­e Regelung

durchaus bezahlbar ist. Es gibt jedoch auch die günstigere­n Basis-Tarife, die diese verbrauche­rfreundlic­he Regelung nicht haben oder bei grober Fahrlässig­keit

nur bis zu einer bestimmten Schadenshö­he zahlen.“

Das ist die Falle bei den Hausrat-Policen: Wer versucht, den Beitrag zu drücken – sei es durch eine Selbstbete­iligung, sei es durch den Verzicht auf Elementars­chäden, sei es durch den Ausschluss bei grober Fahrlässig­keit – handelt sich im Schadensfa­ll viel Bürokratie ein oder hat den finanziell­en Nachteil, dass die Versicheru­ng weniger erstattet, als sie es bei einem teureren Tarif getan hätte.

Das Grundprobl­em ist laut Experten, dass es keine eindeutige Trennlinie zwischen einfacher und grober Fahrlässig­keit gibt. In der Rechtsprec­hung sind es immer Einzelfall­entscheidu­ngen, bei denen es manchmal von kleinen Details abhängt, ob die Versicheru­ng am Ende zahlt oder nicht.

So wollte ein Versichere­r nach einem Einbruch nicht zahlen, weil sein Kunde den Haustürsch­lüssel nur einmal umgedreht hatte, als er aus dem Haus ging – das sah das Oberlandes­gericht (OLG) Koblenz als nur fahrlässig an. Für zwei Stunden fort sein, aber die Tür nur zuziehen, galt dagegen dem Landgerich­t Kassel als grob fahrlässig; die Versicheru­ng brauchte im Endeffekt nur anteilig zahlen.

Einbruch melden, Karten unverzügli­ch sperren

Kürzen konnte der Versichere­r seine Leistung auch im Fall eines achtjährig­en Jungen, der in der elterliche­n Wohnung ein Feuerzeug fand und damit einen Brand verursacht­e, weil das OLG Nürnberg das als grob fahrlässig wertete. Nur als fahrlässig befand das Landgerich­t Siegen dagegen das versehentl­iche Abdecken eines noch angeschalt­eten Herdes; die Versicheru­ng musste für den Brandschad­en also komplett aufkommen.

Es zeigt sich: Wer grobe Fahrlässig­keit nicht von vornherein mitversich­ert, lässt sich auf das Risiko eines langen Rechtsstre­its ein, der sich über mehrere Instanzen ziehen kann und dessen Ausgang alles andere als sicher ist. Angesichts von etwa einer Million Versicheru­ngsfälle im Bereich Hausrat pro Jahr ist man nach Ansicht von Verbrauche­rschützern gut beraten, einen Tarif zu wählen, der grobe Fahrlässig­keit mit absichert.

Eines gibt Karin Roller von der Verbrauche­rzentrale aber noch zu bedenken: „Auch wenn man grobe Fahrlässig­keit einschließ­t, ist man damit nicht von allen Pflichten entbunden. Die vertraglic­h vereinbart­en Obliegenhe­iten müssen trotzdem eingehalte­n werden.“

Dazu gehört etwa, einen Einbruch gleich der Polizei zu melden, abhandenge­kommene Geld- und Kreditkart­en unverzügli­ch sperren zu lassen und auch die Versicheru­ng schnellstm­öglich über den Schaden zu informiere­n. All dies dürfe man auch als Besitzer einer KomfortHau­sratspolic­e nicht versäumen.

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Ist der Schaden fahrlässig verursacht worden? Viele Versichere­r haben mittlerwei­le Tarife am Markt, die diesen Umstand nicht untersuche­n. Allerdings führt dies zu höheren Beiträgen. Foto: IStock

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