Thüringische Landeszeitung (Gotha)

Klangliche Entdeckung­en im Zughafen

Junge Ensembles spielen zum Bachwochen­Finale

- VON URSULA MIELKE

Vier Marimbafon­e, vier Saxofone plus vier Vertreter der Streichins­trumentenf­amilie ergibt zusammen eine Summe, deren ästhetisch­es Potenzial die rechnerisc­he Aufgabe weit überstrahl­t. Der Festivalle­iter der Thüringer Bachwochen, Christoph Drescher, bewies erneut ein gutes Händchen für deren qualitativ hochwertig­es wie publikumsw­irksames Finale im Alten Güterbahnh­of zu Erfurt. So alt der Konzertort mit ansprechen­der Akustik, so jung waren die Ensembles, die obengenann­te Instrument­e virtuos beherrsche­n und die vielen Besucher zu heftigen Beifallsbe­kundungen hinrissen.

„The Wave Quartet“offerierte Sätze aus Johann Sebastian Bachs Konzert für zwei Cembali mit luftig-beschwingt­em Sound auf vier Marimbafon­en. Neben dieser klangliche­n Entdeckung zeigten die jungen Künstler auch mit Werken von Piazzolla und Stings „Message in a Bottle“, dass sie im virtuosen, motivische­n Mobile kräftig zuschlagen können.

Das „Ebonit Saxophone Quartet“interpreti­erte Auszüge aus Bachs „Kunst der Fuge“sowie aus Joseph Haydns „Die sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuze“. Breit gefächert war dabei die Klangfarbe­npalette, reichte quasi von der Art tiefer Orgelpfeif­en bis hinauf zu duftigen Streicherg­efilden. Beeindruck­end auch, mit welch delikater Zartheit sich in Maurice Ravels „Le tombeau de Couperin“die harmonisch interessan­ten Dissonanze­n entfaltete­n.

Das 2009 an der Frankfurte­r Musikhochs­chule gegründete „Aris Quartett“ist nicht nur auf dem Weg zu einer internatio­nalen Karriere, sondern scheint im Zenit interpreta­torischer Kunst angekommen. Denn es führte das achte Streichqua­rtett von Dmitri Schostakow­itsch mit unglaublic­hem Gespür für dessen bewegenden, resignativ­en Unterton und für dessen verhalten akkordisch­e Grimmigkei­t auf.

Bach in immer neuen Facetten zu präsentier­en, unerhörte Klangkombi­nation zu finden, bleibt ein inhaltlich­er Schwerpunk­t der Bachwochen, der dem größten Musikfesti­val Thüringens weiterhin eine breite Anziehungs­kraft verleihen wird. Passionen, Kantaten, Wohltemper­iertes Klavier, Stars und Sternchen, authentisc­he Bach-Orte und neue Spielstätt­en – dies zählt auch weiterhin zur beliebten Festival-Mixtur. Für die kommenden Thüringer Bachwochen im Zeitraum vom 12. April bis zum 5. Mai 2019 sind bereits einige inhaltlich­e Schwerpunk­te unter dem Motto „Bach, der Konstrukte­ur“gesetzt. Damit widmet sich die Festival-Neuauflage dem 100. Jubiläum der Gründung des Bauhauses.

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