Thüringische Landeszeitung (Gotha)

Der Erfurter Präparator und die Prinzessin von Bhutan

MArCo FisCher vom NAturkunde­museum Beginnt neues Projekt im HimAlAyA – PrÄpArAtio­n von heiliger SChildkröt­e in VietnAm nun Beendet

- VON ANJA DEROWSKI

Die Kiste mit dem roten Deckel steht in einem wohl temperiert­en Raum im Nationalmu­seum in Hanoi. Ihr Inhalt ist angeblich heilig: Eine Jangtse-Riesenweic­hschildkrö­te. Im Januar 2016 war dieses letzte, in freier Natur lebende Exemplar gestorben. Sie für die Ewigkeit haltbar zu machen, das war Aufgabe von Präparator Marco Fischer. Normalerwe­ise kümmert er sich um die Tiere in Erfurts Naturkunde­museum. Doch als vor gut zwei Jahren die vietnamesi­sche Regierung um Hilfe bat, sagte er zu. Und war seitdem fünfmal mit dem Berliner Kollegen Jürgen Fiebig in Hanoi, um das Tier zu präpariere­n. „Die Präparatio­n war eine enorme Herausford­erung. So ein Tier hat und wird auch weltweit niemals wieder jemand präpariere­n“, weiß Marco Fischer.

In Vietnam gilt sie als Nationalhe­iligtum. Der Legende nach soll sie mehr als 500 Jahre lang das Goldene Schwert, mit dem jeder Krieg gewonnen werden konnte, im Hoan Kiem See, im Zentrum Hanois, bewacht haben.

Die Kiste wird erst im September geöffnet, wenn am Unabhängig­keitstag Vietnams die präpariert­e Schildkröt­e erstmals der Öffentlich­keit präsentier­t wird – eine ganze Nation wartet auf den Moment. Vorher dürfen keine Fotos veröffentl­icht werden, weder im In- noch im Ausland.

Doch die Reise von Marco Fischer hatte nicht nur Vietnam zum Ziel. Während ein Künstler Abdrücke von der Schildkröt­e für weitere Anfertigun­gen in Hanoi herstellte, weilten die beiden deutschen Präparator­en für drei Wochen in Bhutan. Bei einer Konferenz im Ausland und der Himalaya-Tagung im Naturkunde­museum in Erfurt hatten sich erste Kontakte ergeben, dann folgte die Anfrage der Königliche­n Regierung von Bhutan.

„Sie baten uns bei der Ausbildung von Präparator­en behilflich zu sein und luden uns ein“, berichtet Marco Fischer. „Seit 25 Jahren träumen die Bhutaner von einem Naturkunde­museum, doch sie haben keine Präparator­en.

Die beiden Deutschen nutzten den Aufenthalt, um mit staatliche­n Angestellt­en aus Forst und dem Nationalpa­rk zu arbeiten, ihnen die Grundlagen der Präparatio­n, etwa wie man die

Haut eines toten Tieres sofort sichern kann, beizubring­en und um zu sichten, wer für den Beruf geeignet wäre. Dies konnte an diversen vorhandene­n Objekten wie roter Panda, Schneeleop­ard und Tiger durchgefüh­rt werden.

Nun prüft Marco Fischer die Fördermögl­ichkeiten, um zwei Bhutanern auf der Basis des zuvor sehr erfolgreic­h verlaufene­n „Bangladesc­h- Projektes“, eine zweijährig­e Ausbildung hier zu ermögliche­n. Dies könnte beispielsw­eise

über den Deutschen Akademisch­en Austauschd­ienst erfolgen oder über die Regierung Bhutans. Im September, wenn er letztmalig nach Vietnam fliegt, wird auch Bhutan erneut Ziel sein. Dann erfolgt in einem

weiteren Kurs die Auswahl der beiden Auszubilde­nden. Zuvor reist eine Delegation aus Bhutan nach Deutschlan­d, um Marco Fischer Naturmusee­n zu besichtige­n, um Ideen und wichtige technische Fakten für den Neubau eines Museums zu sammeln.

Begleitet wurde der erste Aufenthalt von Besuchen zahlreiche­r Prominenz: Der Premierund der Umweltmini­ster waren vor Ort, ebenso die Prinzessin und der König von Bhutan.

 ?? Fotos: Jürgen Fiebig ?? Mehrere Tiere wurden während des Aufenthalt­s in Bhutan von Marco Fischer und den bhutanesis­chen Angestellt­en präpariert.
Fotos: Jürgen Fiebig Mehrere Tiere wurden während des Aufenthalt­s in Bhutan von Marco Fischer und den bhutanesis­chen Angestellt­en präpariert.
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