Thüringische Landeszeitung (Gotha)
Bayern visieren drei Titel an
Vor dem PokalHalbfinale erkennt Trainer Jupp Heynckes Parallelen zum Münchener Team, das 2013 das Triple holte
Jupp Heynckes kam mit einem entspannten Lächeln und bat erst einmal um „ein Momentchen“Geduld. Einen Schluck stilles Wasser ins Glas füllen, so viel Zeit musste sein, trotz all der Aufregung um die Umstände der Zusage seines baldigen Nachfolgers Niko Kovac von Eintracht Frankfurt und trotz der bevorstehenden Aufregung um das Pokal-Halbfinale des FC Bayern heute bei Bayer Leverkusen (20.45 Uhr/ARD und Sky). Heynckes scheint jedenfalls davon auszugehen, dass es dort aufregend zugehen wird. „Ich denke, dass der FC Bayern eine große Tradition hat in engen oder wichtigen Spielen“, sagte der Münchener Trainer am Montag in seiner ersten offiziellen Einlassung, als sehe er vor seinem geistigen Auge bereits einen packenden Pokalkrimi. Es ist zuletzt viel an 2013 erinnert worden, als Heynckes seine Abschiedstournee mit dem Triple krönte, durch sein damals vermeintlich letztes Spiel als Trainer im 3:2 gewonnenen Pokalfinale gegen den VfB Stuttgart. Auch die Münchener ziehen Parallelen zum DreifachTriumph vor fünf Jahren, und sie erkennen mittlerweile auch öffentlich eine gute Chance, Heynckes‘ Rückkehr in den diesmal endgültigen Ruhestand erneut mit dem maximalen Erfolg versüßen zu können.
„Ich wünsche Jupp idealerweise, er wiederholt das, was ihm 2013 schon gelungen ist. Das ist nämlich noch gar keinem gelungen, das Triple zu wiederholen“, sagt der Vorstandsvorsitzende Mach‘s noch einmal, Jupp: Heynckes mit den Trophäen der Champions League (l.), Bundesliga und DFB-Pokal (r.). Den Supercup (.v.l.) besitzen die Bayern auch. Foto: dpa
Karl-Heinz Rummenigge. Ein Stimmungskiller wie das Aus im Pokalhalbfinale der Vorsaison mit Carlo Ancelotti gegen Borussia Dortmund ist da nicht eingeplant. Auch Heynckes sieht seine Mannschaft „auf einem ähnlichen Weg“wie 2013, weil Binnenklima, Fitness, Form und Ehrgeiz stimmen. Er sei optimistisch, mit ihr erneut „Großes“erreichen zu können, sagt der 72-Jährige.
Was auf dem Weg dorthin zu einem Problem werden könnte, weiß Heynckes natürlich sehr genau. Übersprungen werden
muss nun erst einmal eine Hürde, die gefühlt eher keine ist. National muss sich seine Belegschaft ja mit einiger Berechtigung derzeit als konkurrenzlos betrachten, wegen des seit zehn Tagen amtlichen Meistertitels und der 20 Punkte Vorsprung auf den Liga-Zweiten FC Schalke. Auf den Dritten Leverkusen sind es gar 24. Zumindest im Unterbewusstsein dürfte Heiko Herrlichs Mannschaft als vergleichsweise deutlich kleineres Hindernis auf dem angestrebten Weg zum Triple wahrgenommen werden als das Star-Ensemble
von Real Madrid, das die Münchener in acht Tagen zum Halbfinal-Hinspiel in der Champions League empfangen.
Genau darin lauert nun die Tücke – und Leverkusens Chance. Zumal die Werkself nach den beiden jüngsten 4:1-Siegen in Leipzig und gegen Frankfurt „zur richtigen Zeit auf einem guten Weg“ist, wie Angreifer Kevin Volland findet. „Wir brennen“, sagt Torwart Bernd Leno ebenso zuversichtlich, „wir strotzen jetzt vor Selbstbewusstsein.“Für Herrlich wäre es zwar nach wie vor „eine Sensation“, die Bayern mit „Vorbild“Heynckes auszuschalten. Aber die Basis dafür sieht er gegeben und bedient sich einer Anleihe an der Champions League. Das jüngste
3:0 von AS Rom gegen den FC Barcelona habe gezeigt, „welche Eigenschaften entscheidend sind“, sagte er im kicker, „das hat weniger mit Technik und Taktik zu tun, sondern mit Wille und Überzeugung.“
Auch Heynckes versucht deshalb diesen eher weichen Faktor vor dem Pokal-Halbfinale zu mobilisieren, zumal er auf Kämpfer Arturo Vidal verzichten muss, der besonders über den Willen kommt, wegen eines freien Gelenkkörpers im rechten Knie aber auf unbestimmte Zeit ausfällt. „Da spielt die Emotion eine ganz große Rolle. Die Emotionen musst du wecken“, sagt Heynckes und erinnert an
2013, als er „eindrucksvoll“erlebt habe, was das Pokalfinale in Berlin für den Verein bedeute. Heynckes will sensibilisieren, und vorsichtshalber macht er seinen Ex-Klub (2009 bis 2011) ein bisschen größer, als er derzeit ist. „Leverkusen hat eine gute Mannschaft, die Zukunft hat und die in der nächsten Saison zu den Kandidaten gehört, die deutscher Meister werden können“, sagt er.
Dass der FC Bayern die Meisterschaft auch 2019 gewinnen werde, hatte Heynckes zwar jüngst schon prognostiziert. Doch die dabei genannte Liste der potenziellen Konkurrenten Schalke, Dortmund und Leverkusen präzisierte er nun mit dem Zusatz, „aber besonders Bayer Leverkusen“. Er sagt: „Deswegen müssen wir demonstrieren, dass wir so gut sind.“Dann prognostizierte Heynckes noch einen „Leckerbissen für Fußballkonsumenten“, bald darauf ging er. Lächelnd und scheinbar entspannt vor dem engen Spiel, auf das er sich einstellt.
Binnenklima, Form und Ehrgeiz stimmen