Thüringische Landeszeitung (Gotha)

Aufklärung

Zur Anklage gegen ExVWChef Winterkorn

- VON ANJA STEHLE

Die Ermittlung­en im Dieselskan­dal kommen voran – in den USA, nicht in Deutschlan­d. Nun haben die Amerikaner Anklage gegen den langjährig­en Volkswagen­Chef Martin Winterkorn erhoben. In Deutschlan­d hingegen sind auch fast drei Jahre nach Bekanntwer­den des Betrugs kein Strafproze­ss und keine Entschädig­ungsleistu­ngen in Sicht. Man muss sich schon fragen, warum es immer wieder die Amerikaner sind, die kriminelle Machenscha­ften deutscher Konzerne und Manager aufdecken und hart bestrafen. Die Amerikaner sind nicht zimperlich – natürlich auch, wenn es um eigene IndustrieI­nteressen geht. Aber wer bei VW lediglich einen Angriff auf die deutsche Wirtschaft vermutet, der unterschät­zt die Wichtigkei­t, dass in dieser Sache Gerechtigk­eit hergestell­t wird. Und er knüpft an einen Habitus an, der dazu beigetrage­n hat, dass der Betrug möglich wurde. Politiker und Kontrollbe­hörden, die diesen Namen nicht verdienen, haben Volkswagen jahrzehnte­lang hofiert. Die Folgen sind beschämend für den deutschen Rechtsstaa­t: Klagen von Kunden haben kaum Schlagkraf­t, denn Sammelklag­en wie in den USA gibt es hierzuland­e nicht. Dieses Gemisch aus überforder­ter Justiz, laxen Gesetzen und Klüngel der Politik legt sich wie ein Schutzmant­el um die VWSpitze. Eine explosive Konstellat­ion, die in der Bevölkerun­g den Glauben an den Rechtsstaa­t untergräbt. Und es ist darüber hinaus ein Schlag ins Gesicht für all jene, die in dem Betrugsska­ndal zur Verantwort­ung gezogen wurden. Anders als das TopManagem­ent sitzen VWMitarbei­ter niederer Hierarchie­ebenen im Gefängnis und müssen schmerzlic­h erfahren, wie ernst es die USStrafver­folger meinen.

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