Thüringische Landeszeitung (Gotha)
„Aktien lohnen sich auf lange Sicht“
Finanzexperten: Rendite schlägt sogar das vermeintlich sichere Gold
Um langfristige Sparziele zu erreichen, sollten die Thüringer mehr in Aktienfonds investieren. Davon ist der Chefvolkswirt der Deutschen Vermögensberatung (DVAG), RalfJoachim Götz, überzeugt. Um kurzfristig Geld für den nächsten Urlaub zurückzulegen, sei eine Aktie sicherlich nicht geeignet. Aber für jemanden, der langfristige Ziele verfolge, könne das sehr sinnvoll sein. „Aktien haben im Rückblick in der Regel andere Anlageformen geschlagen“, betont Götz im Gespräch mit dieser Zeitung. Zu diesem Ergebnis kamen auch europäische Forscher, die verschiedene Anlageklassen seit dem Jahr 1900 verglichen haben.
Analysiert wurden 23 Länder und drei Kontinente, darunter die USA, China und Japan sowie wichtige europäische Länder wie Deutschland. Zusammen stehen sie bei Aktien etwa für 91 Prozent der weltweiten Märkte. Eine Erkenntnis aus der Analyse: Aktien zahlen sich auf lange Sicht aus. So lag die Rendite bei einer weltweiten Aktienanlage seit 1900 bei 5,2 Prozent pro Jahr. Das vermeintlich sichere Gold brachte in dem Zeitraum nur 0,7 Prozent.
Viele Menschen scheuen die professionelle Beratung, wollen auf Nummer sicher und legen ihr Geld aufs Sparbuch oder unter das Kopfkissen. Doch die Inflationsrate nagt bei dieser Anlageform mit einer Verzinsung, die nahe oder sogar bei Null liegt, an der Kaufkraft.
Ralf-Joachim Götz empfiehlt, daher sich am Aktienmarkt zu versuchen. Zumindest dann, wenn man das Geld nicht kurzfristig braucht. Falls man etwas für den eigenen Nachwuchs zurücklegen wolle, könne man Teile des Kindergeldes in einem Aktienfonds anlegen. Den gebe es ab 25 Euro im Monat, erläutert der Direktor der Deutschen Vermögensberatung (DVAG) im TLZ-Gespräch.
Zur Veranschaulichung macht der 58-jährige Götz anhand von Bundesbankstatistiken eine Rechnung auf: Wenn meine Eltern zu meiner Geburt nach heutigem Wert regelmäßig zehn Euro im Monat unters Kopfkissen gelegt hätten, summierte sich das inzwischen auf rund 7000 Euro. Hätten sie das Geld dem Sparbuch anvertraut, käme man auf etwa 17 000 Euro. Ein guter Aktienfonds hätte es in dieser Zeit aber sogar auf mehr als 140 000 Euro gebracht.
„Die Zeitspanne“, sagt Götz, „ist zugegebenermaßen sehr lang. Aber damit sieht man, wie gewaltig der Unterschied ist, ob ich mich um meine Finanzen kümmere oder nicht.“Und natürlich könne das auch schiefgehen. Aber seit 1960 hätten sich Aktienkurse insgesamt 40 Jahre positiv entwickelt und 18 Jahre negativ. Auf längere Sicht sei die Wahrscheinlich also hoch, dass es funktioniere.
Die Argumentation des erfahrenen Chefvolkswirts mag nicht ganz uneigennützig sein. Wie Sparkassen und Banken verdient auch seine Gesellschaft Geld mit der Vermittlung von fondsgebundenen Versicherungen und Aktienfonds. Und das lohnt sich offenbar. Das DVAGGeschäft in Thüringen hat 2017 nach eigenen Angaben über 60 Millionen Euro zum gesamten Umsatzerlös der AG von rund 1,3 Milliarden Euro beigetragen.
Das Unternehmen habe bei seinen hauptberuflichen Beratern weiter zugelegt: Gut 14 000 seien es bundesweit, sagt Götz, davon 700 in Thüringen, die hier etwa 300 000 Kunden betreuen,
was fünf Prozent des Gesamtkundenstamms ausmache.
Der Vermögensexperte verhehlt nicht, dass seine Firma von Anlageprodukten profitiert. „Aber der Erfolg für den Anleger ist eben auch groß“, zeigt er sich überzeugt.
Das sieht das Deutsche Aktien-Institut ähnlich. Für einen Anlagezeitraum von 20 Jahren
hätten die jährlichen Renditen in der Vergangenheit allein im Dax im Schnitt bei rund neun Prozent gelegen, heißt es. Man müsse also nicht sein Geld über mehr als 100 Jahre anlegen, um ordentliche Gewinne zu erzielen. Verluste mussten Anleger über 20 Jahre im Dax nicht fürchten. Selbst im schlechtesten 20-Jahre-Zeitraum habe die
Jahresrendite bei fast sechs Prozent gelegen.
Allerdings sind Gewinne an der Börse keinesfalls garantiert. Anleger mussten auch immer mal äußerst schwierige Zeiten durchstehen: die Ölkrise in den 1970er Jahren, den Schwarzen Freitag 1987, das Platzen der Internetblase oder die Finanzkrise nach der Lehman-Pleite.
Götz berichtet aktuell von einer großen Nachfrage nach fondsgebundenen Lebensversicherungen als Ergänzung zur gesetzlichen Rente. Es gehe dabei nicht nur um Rendite, sondern um Langlebigkeit. Die Lebenserwartung der Menschen steige. „Und bei manchen Anlageformen besteht eben die Gefahr: Leben da, Geld weg“, sagt er.