Thüringische Landeszeitung (Gotha)
Schwierige Hebammensuche
OnlineVermittlung mit mehr als 100 registrierten Geburtshelferinnen – Akademisierung des Berufes schreitet voran
Die Nachricht über die Schwangerschaft löst in den allermeisten Fällen große Freude aus. Nachwuchs stellt sich ein. Doch auf dem Fuß folgt vielfach Ernüchterung: Wenn es darum geht, eine Schwangerschaftsbegleitung zu finden für die Zeit vor, während und nach der Niederkunft, dann ist Eile geboten. Manche Frauen sind sogar auf der Suche nach einer Hebamme, noch bevor sie ihren Partner über das Ereignis informiert haben. Denn der Hebammen-Mangel greift auch in Thüringen immer weiter um sich. „Wer nicht in der zwölften Schwangerschaftswoche eine Hebamme gefunden hat, für den könnte es problematisch werden“, sagt Annika Wanierke der TLZ.
Sie ist seit eineinhalb Jahren Vorsitzende des Hebammenlandesverbandes in Thüringen und beobachtet die Entwicklung aufmerksam. Die Probleme stellen sich vielschichtig dar – und gute Lösungsansätze seien gefunden. So lobt Wanierke, dass die Ausbildungszahlen gestiegen seien, „auch wenn diese Auszubildenden uns jetzt noch nicht helfen“. Thüringen gehöre darüber hinaus zu den Vorreitern bei der vollakademischen Hebammenausbildung, die an der Ernst-Abbe-Hochschule in Jena angeboten wird. Gerade absolviert hier der erste Jahrgang seine Bachelor-Zeit und verfügt danach über einen akademischen Abschluss. „In anderen Bundesländern ist man da noch nicht so weit wie in Thüringen“, sagt Wanierke. Eine EU-Richtlinie schreibt aber vor, dass die Akademisierung des Hebammenberufes in spätestens zwei Jahren umgesetzt sein muss. Darauf verweist der Hebammen-Bundesverband in seiner Stellungnahme zum heutigen internationalen Hebammentag. Deutschland sei eines der letzten Länder der EU, in denen Hebammen noch nicht vollständig an Hochschulen ausgebildet werden. Der von der Landesregierung 2015 ins Leben gerufene „Runde Tisch“hat im April zum neunten Mal getagt. Die Probleme, sagt Wanierke, würden hier angesprochen und es passiere auch etwas. Beispiel: Eine zentrale Vermittlung für Hebammen gab es in Thüringen bisher nicht. Seit Jahresbeginn ist eine entsprechende Online-Plattform freigeschaltet, auf der mittlerweile etwa 100 Hebammen und deren Angebote sowie Verfügbarkeiten zu finden sind. Das erleichtert jungen Müttern die Suche nach einer Geburtsbegleiterin. Wanierke hofft, dass sich noch weitere Hebammen auf dem Portal eintragen. Denn für sie sei dieser Weg einfacher als die telefonische Kommunikation – da er effektiver sei.
Aus Sicht von Wiebke Muhsal, familienpolitische Sprecherin der AfD-Landtagsfraktion, ist es der Landesregierung in den vergangenen Jahren nicht gelungen, die Situation der Hebammen zu verbessern. „Hebammen müssen dringend finanziell entlastet werden“, sagt sie dieser Zeitung. Denn Familienfreundlichkeit beginne mit einer entsprechenden Infrastruktur – und zwar vor der Geburt der Kinder. Die AfD will in einem Antrag in der nächsten Landtagssitzung die Einrichtung eines zwei Millionen Euro schweren Fonds fordern, mit dem Haftpflichtbeiträge freiberuflicher Hebammen refinanziert werden können.
Im Landeshaushalt stehen für die nächsten beiden Jahre insgesamt eine Million Euro für die Versorgung mit Hebammenleistungen. Karola Stange, Sprecherin für Gleichstellungspolitik der Linksfraktion, lobt die Bemühungen der Landesregierung: „Damit werden Maßnahmen wie eine zentrale Vermittlungsstelle von Hebammen für Schwangere sowie Fort- und Ausbildung finanziert.“
Annika Wanierke blickt indes auf die problematische Suche nach Hebammen. Vor allem die Frauen, die aus verschiedenen Gründen nicht gut über das Hilfesystem informiert seien, fänden oft keine Hebammen. Hier gelte es, eine Lösung zu finden.
Land zahlt eine Million – AfD fordert das Doppelte
• Weitere Informationen unter: www.hebammensuchethueringen.de