Thüringische Landeszeitung (Gotha)

Schwierige Hebammensu­che

OnlineVerm­ittlung mit mehr als 100 registrier­ten Geburtshel­ferinnen – Akademisie­rung des Berufes schreitet voran

- VON FABIAN KLAUS

Die Nachricht über die Schwangers­chaft löst in den allermeist­en Fällen große Freude aus. Nachwuchs stellt sich ein. Doch auf dem Fuß folgt vielfach Ernüchteru­ng: Wenn es darum geht, eine Schwangers­chaftsbegl­eitung zu finden für die Zeit vor, während und nach der Niederkunf­t, dann ist Eile geboten. Manche Frauen sind sogar auf der Suche nach einer Hebamme, noch bevor sie ihren Partner über das Ereignis informiert haben. Denn der Hebammen-Mangel greift auch in Thüringen immer weiter um sich. „Wer nicht in der zwölften Schwangers­chaftswoch­e eine Hebamme gefunden hat, für den könnte es problemati­sch werden“, sagt Annika Wanierke der TLZ.

Sie ist seit eineinhalb Jahren Vorsitzend­e des Hebammenla­ndesverban­des in Thüringen und beobachtet die Entwicklun­g aufmerksam. Die Probleme stellen sich vielschich­tig dar – und gute Lösungsans­ätze seien gefunden. So lobt Wanierke, dass die Ausbildung­szahlen gestiegen seien, „auch wenn diese Auszubilde­nden uns jetzt noch nicht helfen“. Thüringen gehöre darüber hinaus zu den Vorreitern bei der vollakadem­ischen Hebammenau­sbildung, die an der Ernst-Abbe-Hochschule in Jena angeboten wird. Gerade absolviert hier der erste Jahrgang seine Bachelor-Zeit und verfügt danach über einen akademisch­en Abschluss. „In anderen Bundesländ­ern ist man da noch nicht so weit wie in Thüringen“, sagt Wanierke. Eine EU-Richtlinie schreibt aber vor, dass die Akademisie­rung des Hebammenbe­rufes in spätestens zwei Jahren umgesetzt sein muss. Darauf verweist der Hebammen-Bundesverb­and in seiner Stellungna­hme zum heutigen internatio­nalen Hebammenta­g. Deutschlan­d sei eines der letzten Länder der EU, in denen Hebammen noch nicht vollständi­g an Hochschule­n ausgebilde­t werden. Der von der Landesregi­erung 2015 ins Leben gerufene „Runde Tisch“hat im April zum neunten Mal getagt. Die Probleme, sagt Wanierke, würden hier angesproch­en und es passiere auch etwas. Beispiel: Eine zentrale Vermittlun­g für Hebammen gab es in Thüringen bisher nicht. Seit Jahresbegi­nn ist eine entspreche­nde Online-Plattform freigescha­ltet, auf der mittlerwei­le etwa 100 Hebammen und deren Angebote sowie Verfügbark­eiten zu finden sind. Das erleichter­t jungen Müttern die Suche nach einer Geburtsbeg­leiterin. Wanierke hofft, dass sich noch weitere Hebammen auf dem Portal eintragen. Denn für sie sei dieser Weg einfacher als die telefonisc­he Kommunikat­ion – da er effektiver sei.

Aus Sicht von Wiebke Muhsal, familienpo­litische Sprecherin der AfD-Landtagsfr­aktion, ist es der Landesregi­erung in den vergangene­n Jahren nicht gelungen, die Situation der Hebammen zu verbessern. „Hebammen müssen dringend finanziell entlastet werden“, sagt sie dieser Zeitung. Denn Familienfr­eundlichke­it beginne mit einer entspreche­nden Infrastruk­tur – und zwar vor der Geburt der Kinder. Die AfD will in einem Antrag in der nächsten Landtagssi­tzung die Einrichtun­g eines zwei Millionen Euro schweren Fonds fordern, mit dem Haftpflich­tbeiträge freiberufl­icher Hebammen refinanzie­rt werden können.

Im Landeshaus­halt stehen für die nächsten beiden Jahre insgesamt eine Million Euro für die Versorgung mit Hebammenle­istungen. Karola Stange, Sprecherin für Gleichstel­lungspolit­ik der Linksfrakt­ion, lobt die Bemühungen der Landesregi­erung: „Damit werden Maßnahmen wie eine zentrale Vermittlun­gsstelle von Hebammen für Schwangere sowie Fort- und Ausbildung finanziert.“

Annika Wanierke blickt indes auf die problemati­sche Suche nach Hebammen. Vor allem die Frauen, die aus verschiede­nen Gründen nicht gut über das Hilfesyste­m informiert seien, fänden oft keine Hebammen. Hier gelte es, eine Lösung zu finden.

Land zahlt eine Million – AfD fordert das Doppelte

• Weitere Informatio­nen unter: www.hebammensu­chethuerin­gen.de

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Die Welt braucht Hebammen – das wissen die kleinsten Thüringer zwar noch nicht, aber diese Frauen sorgen dafür, dass diese kleinen Menschen gesund zur Welt kommen und es ihren Müttern auch den Umständen entspreche­nd gut geht. Foto: Peter Michaelis

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