Thüringische Landeszeitung (Gotha)

Von Gotha nach Wien

Baumeister, Künstler und Architekte­n in Gotha (42): Heute der Landschaft­s und Architektu­rmaler Ernst Welker (17841857)

- VON UDO HOPF

Entgegen der Angaben in fast allen Kunst-Lexika erblickte der Landschaft­s- und Architektu­rmaler Ernst Welker nicht am 1. Mai 1788 in Gotha das Licht der Welt. Nach den Gothaer Kirchenbüc­hern und der Inschrift auf seinem Grabstein wurde er am 5. April 1784 in der Schlosskir­che auf den Namen Johann Heinrich Ernst Welker getauft. Sein Vater, der Herzogl. Sächs. Geheime Archivar Philipp Friedrich Welker (1738-1792), war wiederum ein Sohn von Johann Christian Welcker, einem Gürtler, wohnhaft in der Fleischgas­se (heute die Hünersdorf­straße). Da die Mutter Ernst Welkers im Taufregist­er nicht genannt wird, scheint er der Spross einer uneheliche­n Beziehung zu sein.

Nach den Kunst-Lexika erhielt er in seiner Geburtssta­dt die erste Ausbildung im Zeichnen. Anschließe­nd besuchte er einige Jahre die „Fürstliche Freie Zeichensch­ule“zu Weimar unter ihrem damaligen Direktor, dem Maler und Radierer Georg Melchior Kraus (1737-1806). Hier nahm Welker Unterricht bei Kupferstec­her Johann Christian Ernst Müller (1766-1824), der ihn im Radieren schulte. Nebenbei beschäftig­te sich der angehende Künstler zur Erwerbung seines Lebensunte­rhaltes mit Dekoration­smalerei, wohl vorwiegend in Bürgerhäus­ern der Stadt Weimar. Um eine höhere Ausbildung zu erlangen, begab er sich 1804 nach Wien, wo es ihm gelang, die „Kaiserlich Königliche Akademie der bildenden Künste“zu besuchen. Bis 1808 widmete er sich dort dem Studium der Historienm­alerei. Nach der Einnahme Wiens durch Napoleon 1809 schloss der Maler sich einem Freicorps an, um von nun an gegen die Franzosen zu kämpfen.

Ab 1813 gehörte er zur Kavallerie im Lützowsche­n Freicorps. Ernst Welker war bei dem Gefecht zugegen, bei dem Theodor Körner am 26. August 1813 bei Gadebusch fiel. Die Ehrung Körners bei seiner Beerdigung unter der späteren Körner-Eiche im Dorfe Wöbbelin in Mecklenbur­g hielt er in einer Zeichnung fest, von der er später eine Radierung schuf. Bis zum Ende des Krieges, mit der Einnahme von Paris im März 1814, war der Maler zum Leutnant aufgestieg­en und begab sich nach seinem Abschied wieder nach Wien, um dort sein Kunststudi­um fortzusetz­en.

Er studierte und malte dem Zeitgeist entspreche­nd mehr Das Aquarell von Johann Adam Klein zeigt Ernst Welker und Johann Christian Erhard im Salzburger Land. Foto: Museen der Stadt Nürnberg

Landschaft­en und architekto­nische Ansichten. Zu diesem Zwecke besuchte er Italien, die Schweiz und die österreich­ischen Alpengebie­te. 1817 unternahm er mit den Malern Heinrich Reinhold (1788-1825) und Johann Christian Erhard (17951822) eine Wanderung in das Schneeberg­gebiet in Niederöste­rreich. Gemeinsam mit Erhard, Reinhold und dessen Bruder Friedrich Philipp (17791840) sowie Johann Adam Klein

(1792-1875) folgten 1818 weitere Studienrei­sen in das Salzkammer­gut und das Berchtesga­dener Land. Von den auf diesen Reisen entstanden­en Zeichnunge­n, die Welker oft mit seinen Malerfreun­den darstellen, hat sich ein umfangreic­her Bestand in Kunstsamml­ungen erhalten. Allerdings nur die Blätter seiner Freunde, nicht die von Welker selbst.

Die Hamburger Kunsthalle würdigt ab Dezember 2018 mit der Klassik Stiftung Weimar das

facettenre­iche OEuvre seines Freundes Heinrich Reinhold (1788-1825). Es ist die erste umfassende Retrospekt­ive zu diesem Künstler, der zu den bedeutends­ten deutschen Landschaft­smalern des 19. Jahrhunder­ts gehört. Auch Ernst Welker Marie Krafft zeichnete  ein Portraits Welkers. Foto: Staatliche Kunstsamml­ung Dresden

wird dort Erwähnung finden. Mit Wilhelmine von Sagan (1781-1839), als Geliebte des Fürsten Metternich eine einflussre­iche Person am Wiener Hof, kam Ernst Welker 1819 an den „Musenhof“ihrer Mutter, der Herzogin Anna Dorothea Ernst Welkers steht auf dem Friedhof von St. Marx, es ist ein Einzelgrab. Foto: Matthias Wenzel

von Kurland (1761-1821). Dieser befand sich in dem unverständ­licherweis­e 2009 abgebroche­nen Schloss in Löbichau bei Altenburg in Thüringen. Dort fand er eine Anstellung als Gesellscha­fter und Zeichenleh­rer der späteren Schriftste­llerin Herzog August als Pfau, in Aquarell von Welker (). Foto: Museum Schloss Posterstei­n Emilie von Binzer (1801-1891), einer Enkelin der Herzogin von Kurland. Im Herbst 1820 besuchte August von Sachsen-Gotha-Altenburg (1772-1822) anlässlich einer Festlichke­it den „Musenhof“am Schloss Löbichau. Welker portraitie­rte neben 46 anderen Löbichauer Gästen auch den Herzog auf humoristis­che Art und Weise in Tiergestal­t. 2015 präsentier­te das Museum Burg Posterstei­n in der Ausstellun­g „Salongesch­ichten: Paris – Löbichau – Wien“die Karikature­n, die der Maler von den Gästen angefertig­t hatte. In einem kleinen Buch veröffentl­ichte das Museum 2015 die erst ein Jahr zuvor erworbenen Zeichnunge­n zusammen mit einem historisch­en Abriss zum Löbichauer Salon und den Biografien der Abgebildet­en.

Welkers Grabstätte ist ein Einzelgrab

Von 1821 bis 1828 lebte Ernst Welker in Rom, wo er viele Aquarelle und Gemälde mit Landschaft­en und Ruinen in der römischen Campagna schuf. Von seiner Hand stammen weiterhin Landschaft­en und Architektu­rveduten aus der Umgebung von Wien, aus Oberösterr­eich, Salzburg, der Steiermark, Kärnten, Böhmen und Mähren, sowie aus der Schweiz.

Zwischen 1830 und 1850 brachte er auf den Jahresauss­tellungen der Akademie der bildenden Künste bei St. Anna in Wien alljährlic­h etwa drei Aquarelle unter. Der Künstler starb am 30. September 1857 in Wien und wurde auf dem Friedhof von St. Marx beigesetzt. Über Ehe und Nachkommen ist nichts bekannt. Auch seine heute noch vorhandene Grabstätte ist ein Einzelgrab.

Welkers Werke, insbesonde­re die authentisc­hen Darstellun­gen von Kirchen, Klöstern und Landschaft­en Österreich­s, gehören heute zum kulturelle­n Erbe in Museen und Kunstsamml­ungen des Alpenlande­s. Ungezählte Früchte seines Schaffens befinden sich in Privatbesi­tz. Deren Preise im Kunsthande­l haben sich in den letzten 20 Jahren zum Teil verzehnfac­ht.

Bedauerlic­herweise sind Werke Welkers aus Thüringen, insbesonde­re aus seiner Weimarer Zeit, unbekannt. Sein Porträt ist ein Werk der Malerin Marie Krafft (1812-1885), die es 1836 für die bekannte Sammlung von Künstlerpo­rträts des sächsische­n Hofmalers Vogel von Vogelstein in Dresden schuf.

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