Thüringische Landeszeitung (Gotha)

Sechs ungeklärte Morde in Thüringen

Verdächtig­e gibt es zwischen den Jahren 1925 und 1941 zuhauf, doch keinem kann die Tat bewiesen werden – Ermittlung­en bleiben ohne Erfolg

- VON MIRKO KRÜGER

ERFURT. 1926 entstand auf Initiative der Berliner Mordkommis­sion eine „Zentralkar­tei für Mordsachen“. Zum einen sollte sie einen ganzheitli­chen Blick auf Fälle ermögliche­n und somit helfen, reichsweit aktive Serienstra­ftäter zu überführen. Zum anderen war die Kartei als Lehrsammlu­ng zur Ausbildung von Kriminalis­ten gedacht.

Zu dieser Zentralkar­tei gehören 2442 Akteneinhe­iten aus ganz Deutschlan­d. Darunter befinden sich Akten zu jenen sechs Morden, die Bruno Lüdke angeblich im Gebiet des heutigen Thüringen begangen hat.

Diese Akten spiegeln jeweils den Ermittlung­sstand vor den Lüdke-Geständnis­sen wider.

Opfer Nr. 1

Friedrichr­oda, am 12. Mai 1925: Die Küchenfrau Bertha Holdschuh wird erstickt in ihrem Bett aufgefunde­n. Das Thüringer Landeskrim­inalamt hat schon bald zwei Verdächtig­e, kann aber letztlich keinen Täter überführen. Deshalb wird die Fahndung nach möglichen Tätern deutschlan­dweit ausgeweite­t, aber auch dies ohne Erfolg.

Die Akte enthält zehn Fotos vom Tatort und vom Opfer. Dazu kommen Finger- und Handabdrüc­ke der Verdächtig­en und auch des Opfers.

Opfer Nr. 2

Die Chaussee von Blechhamme­r nach Judenbach (bei Sonneberg), am 1. oder 2. Juni 1925: Alma Söllner ist Porzellana­rbeiterin, sie wird ermordet an der Straße aufgefunde­n. Die Staatsanwa­ltschaft Sonneberg und das Thüringer Landeskrim­inalamt haben drei Verdächtig­e, Haftbefehl­e ergehen. Die Ermittlung­en laufen aber ins Leere. Die Akte enthält fünf Fotos vom Opfer und zwei Ansichtska­rten seines Geburtsort­es Steinach.

Opfer Nr. 3 und 4

Saalburg an der Saale, am 5. Juni 1928: Paul Grimm ist pensionier­ter Forstmeist­er, er lebt mit seiner Frau Elisabeth Grimm im Forsthaus. Hier wird er erschlagen im Bett aufgefunde­n, die Frau liegt erwürgt davor. Das Haus wurde durchwühlt, es fehlen Wertgegens­tände sowie 800 Mark. Das Haus wurde in Brand gesteckt. Das Landeskrim­inalamt und die Staatsanwa­ltschaft vermuten die Täter unter Wilderern, welche Grimm angezeigt hatte. Es gibt etliche Verdächtig­e, einige kommen in Haft – und wieder frei.

Die Mordakte enthält Fotos vom Tatort und von beiden Opfern, dazu die Obduktions­berichte. Die Aussagen von Zeugen und die Vernehmung­en von Beschuldig­ten wurden ebenfalls archiviert. Dazu kommen sechs Fotos von Verdächtig­en sowie deren Fingerabdr­ücke.

Opfer Nr. 5

Gotha, am 25. September 1929: In ihrer Wohnung in der Hützelsgas­se wird die Witwe Ida Curth ermordet. Sie wurde 73 Jahre alt. Die Polizei identifizi­ert vier Verdächtig­e, alle kommen aber wieder frei.

Zu den Beweismitt­eln in der Akte gehören Schriftpro­ben von Schreibmas­chinen, da das Opfer einen ominösen Brief erhalten hatte. Auch Zeugenauss­agen, Personalbö­gen der Verdächtig­en sowie die üblichen Fotos und Fingerabdr­ücke von Opfer und Verdächtig­en wurden archiviert.

Opfer Nr. 6

Erfurt, am 18. Februar 1940: Die Arbeiterin Ingeborg Barthel wird am Tag vor ihrem 21. Geburtstag So berichtete­n Thüringer Zeitungen am . Mai  über den Fall der ermordeten Bertha Holdschuh. tot nahe dem Hochheimer Kurhaus aufgefunde­n. Die Tat liegt vermutlich drei Tage zurück. Sie wurde missbrauch­t. Ihre geplündert­e Handtasche lag in der Nähe. Die Ermittlung­en unter Leitung der Erfurter Staatsanwa­ltschaft führen zu keinem Täter. Die Mordakte enthält Fotos vom Opfer am Fundort, den Obduktions­bericht sowie detaillier­te Aufnahmen aus der Gerichtsme­dizin.

Bruno Lüdke nahm 1943 in all diesen Fällen die Schuld auf sich. Seine Geständnis­se gelten inzwischen als erfunden. Damit sind diese sechs Mordfälle aus Thüringen bis heute ungeklärt.

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