Thüringische Landeszeitung (Gotha)

Nicht zum Wiehern

Über die Entdeckung der Langsamkei­t

- VON DIERK PRIBBERNOW

Für mich gibt es kaum etwas Entspannen­deres, als den Tag morgens mit einem ruhigen Ausritt zu beginnen. Natürlich sollte es danach idealerwei­se nicht gerade hektisch weitergehe­n.

Doch wenn der Weg zur Arbeit zur einstündig­en Stehparty zu werden droht, weil einige Behördenrö­sser auf allen Vieren lahm gehen, ist das zuviel Entschleun­igung.

150 Meter in zehn Minuten, kurz nach der Autobahnab­fahrt und Schloss Friedenste­in immer noch als dunstverwa­schene Silhouette am Horizont, Lasterfahr­er die sich zwei bis drei Sattelzugl­ängen Zeit lassen, bevor sie das Gaspedal wieder bemühen, das wäre ein Erlebnis für jeden, der die Baustelle am Einfallsto­r Gothas verbockt hat.

Als Sahnehäubc­hen gibt es das konsequent­e Schweigen aus dem Verkehrsfu­nk: Denn gefühlt jeder verlorene Karton auf einer Einfallsst­raße nach Leipzig oder Halle findet eine wohlbetont­e Warnung. Nur die Tatsache, dass man von der Autobahn in die Gothaer Innenstadt selbst jenseits bekannter Stoßzeiten fast eine Stunde braucht, wird nicht erwähnt. Wie auch, wenn es keiner meldet...

Leute, wenn Euch im täglichen Gothaer Stau eh langweilig ist, flutet die Verkehrspo­rtale im Internet und die Verkehrsse­nder mit Euren Staumeldun­gen aus Gotha. Vielleicht merken die Verantwort­lichen dann, „die Gegenwart ist plötzlich jetzt“.

Und ich überlege, ob ich meinen Ausritt nicht gen Redaktion plane, ich wär‘ wohl schneller. Aber die grünen Gerümpelbr­achen an der Gartenstra­ße taugen leider nicht als Weide.

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