Thüringische Landeszeitung (Gotha)
Afrika oder Amerika? Heute fällt die Entscheidung zur WM 2026
Heute stimmt die Fifa darüber ab, wer das Turnier in acht Jahren ausrichten darf. FifaPräsident Infantino kämpft für die USA – weil sein Verband Geld braucht
Die Sache klang ziemlich gut, als sich die Funktionäre des Fußball-Weltverbandes Fifa vor fünf Jahren zu einer kleinen Revolution durchrangen. Um die erschreckende Anfälligkeit für Korruption zu bekämpfen, wurde beschlossen, nicht mehr die 22 Angehörigen des Exekutivkomitees abstimmen zu lassen, wenn der Gastgeber für eine Weltmeisterschaft gewählt wird, sondern den Kongress mit seinen 211 Mitgliedern – nur die Bewerber haben keine Stimme.
Heute fällt nun die Entscheidung, ob die WM 2026 an Marokko vergeben wird. Oder an eine Trias aus den USA, Kanada und Mexiko, die unter dem Namen „Bid United“firmiert. Und wieder spielt die Qualität der Bewerbungen allenfalls eine Nebenrolle. Es geht um Geld, um Politik, um gekränkten Stolz, um wirtschaftliche Interessen, um Religion – und Donald Trump.
Spätestens seit er ärmere Länder vor allem aus Afrika, Asien, Süd- und Mittelamerika als „Dreckloch-Staat“bezeichnet hat, würden viele Vertreter gerne ein Zeichen setzen. „Wenn man einen Kongress anschaut mit seinen 211 Verbänden, dann muss man sagen, dass Marokko sehr gute Chancen hat. Unabhängig von den technischen Möglichkeiten und den Voraussetzungen“, hat der Weltverbandsinsider Guido Tognoni neulich dem WDR-Format „Sport Inside“erzählt.
Obwohl Trump versprochen hat, sein Einreiseverbot für Staatsbürger verschiedener islamischer Länder während einer WM aufzuheben, gibt es keine großen Sympathien für die USA im Nahen und Mittleren Osten. In Europa regt sich ebenfalls Widerstand. Frankreich und Belgien bekennen sich zu Marokko, zum wichtigen europäischen TV-Markt passen die Übertragungszeiten eines Turniers in Nordafrika deutlich besser.
Also hat Trump kurzerhand gedroht, dass Nationen, die gegen „United Bid“votieren, politische und wirtschaftliche Konsequenzen zu fürchten hätten. Regierungsvertreter aus Südafrika, Namibia, Liberia und Simbabwe, deren Fifa-Vertreter wie die meisten Afrikaner zu Marokko neigen, haben bereits angewiesen, das US-Projekt zu unterstützen.
Das passt zu den Interessen von Fifa-Präsident Gianni Infantino, der schon versucht haben soll, die Bewerbung der Marokkaner überhaupt nicht zuzulassen. Nach offiziellen (aber keinesfalls transparenten) Rechnungen würde ein Weltturnier in den USA dem Verband etwa 14 Milliarden Dollar einbringen, eine WM in Marokko nur rund die Hälfte. Und die Fifa leidet unter akuter Geldnot.
Das Sponsoringgeschäft rund um die WM in Russland war ein Misserfolg, zuletzt scheiterte Infantino mit dem Versuch, neue Wettbewerbe zu erfinden, in die ein dubioses Investorenkonsortium unter saudi-arabischer Führung angeblich 25 Milliarden Dollar investieren würde. Der Fifa-Chef, der im kommenden Jahr in seinem Amt bestätigt werden möchte, braucht dringend volle Kassen, schließlich ist er vor drei Jahren vor allem aufgrund des Versprechens gewählt worden, allen 211 Verbänden fünf Millionen Dollar pro Vierjahreszyklus zu spendieren. Unter Vorgänger Blatter waren es nur 1,6 Millionen.
Eine fundierte Vorhersage ist kaum möglich, klar ist nur: Die Frage, welcher Bewerber nun am besten geeignet ist, spielt mal wieder eine untergeordnete Rolle. In der technischen Beurteilung liegt „Bid United“weit vorne, erhielt vier von fünf möglichen Punkten. Marokko wurde nur mit 2,7 bewertet.