Thüringische Landeszeitung (Gotha)
Baustart auf Gothas Friedenstein erst 2019
GOTHA. Der Beginn der dringlichen Generalsanierung von Schloss Friedenstein Gotha ist abermals verschoben worden. Das teilte Doris Fischer, Direktorin der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten, jetzt mit. Nach aktuellen Planungen soll nun im Januar 2019 ein Gerüst am Westflügel der Barock-Anlage aufgestellt und ab März mit der Instandsetzung des Dachstuhls begonnen werden. Noch im Oktober vorigen Jahres hatte Fischer einen Baubeginn in diesem Herbst in Aussicht gestellt. Eine Finanzierungszusage des Bundes liegt bereits seit November 2015 vor.
30 Millionen Euro hat der Deutsche Bundestag damals für die größte frühbarocke Schlossanlage Deutschlands bewilligt – freilich unter der Bedingung, dass das Land Thüringen die gewaltige Maßnahme in derselben Höhe gegenfinanziert. In ähnlicher Weise hatte der Bund bereits
2008 der Klassik Stiftung Weimar mit 45 Millionen Euro unter die Arme gegriffen. Während seinerzeit Kulturminister Jens Goebel (CDU) den Weimarer Deal binnen weniger Wochen unter Dach und Fach brachte, hat die rot-rot-grüne Landesregierung in Sachen Friedenstein bis März vorigen Jahres – 14 Monate also – für eine Unterschrift unter die Finanzierungsvereinbarung gebraucht.
Er sehe eigentlich nicht, dass außergewöhnliche Verzögerungen eingetreten seien, behauptete gestern beim Ortstermin Franz Nagel, ein Öffentlichkeitsarbeiter der SchlösserStiftung. Direktorin Fischer ließ sich entschuldigen und durch zwei Mitarbeiter vertreten. Nagel erklärte, aus rechtlichen Gründen habe man mit der Ausschreibung und Vergabe aller planerischen und gutachterlichen Arbeiten auf diesen formalen Akt warten müssen. Inzwischen wurde sogar im Internet ein „friedensteinblog“eingerichtet, um über Baufortschritte zu informieren – „für diejenigen“, wie Nagel behutsam formuliert, „die herkommen und fragen: ,Warum tut sich denn noch nichts?‘“
„Planen, planen, planen“ist denn auch der erste substanzielle Eintrag im Blog von Nagel selbst überschrieben. Mittlerweile wurden Bauforschung, Holz- und Statikgutachten bestellt, Abschlussberichte der Fachleute lägen aber noch nicht vor, heißt es. Dabei ist man sich zumindest des katastrophalen Zustands des Dachstuhls im Westflügel nunmehr vollauf bewusst: „Zirka 80 Prozent der Fußpunkte sind beschädigt und müssen erneuert werden“, lässt Dorothea Voigt, seit Sommer 2017 als Projektleiterin für den Friedenstein zuständig, auf Nachfrage wissen. Unter Fußpunkten verstehen die Fachleute die statisch sehr heiklen Schlüsselstellen, an denen die Dach- mit den Deckenbalken verbunden sind.
Über die Ursachen dieser Schäden war gestern nichts zu erfahren. Voigt vermutet, es lag vor allem an Feuchtigkeit. Als vor einigen Jahren ein Teil des Dachgeschosses im Nordflügel saniert wurde, fand man dort viele
der Balkenköpfe bereits durchgefault. Dass der Befund auf der West-, also der Wetterseite noch schlimmer ausfallen würde, hatten Insider-Kreise auf Friedenstein befürchtet. Im März 2019, so tröstet Nagel, sollen nun die Zimmerleute am Westflügel anrücken. Die statisch-konstruktiven Sicherungs- sowie die Brandschutzmaßnahmen, ergänzt Voigt, behandele die Schlösser-Stiftung prioritär.
So führt man die Journalisten beim Ortstermin durch das beräumte und von giftigen Holzschutzmitteln dekontaminierte Dachgeschoss – Stand vorigen Jahres – und durch die seit 2016 leergezogenen Geschosse darunter. Weil es sich um die Prunkgemächer der Gothaer Herzöge handelt, müsse man während der Sanierung besonders der schweren Stuckdecken obwalten. Damit sie keinen Schaden erleiden, will man sie zeitweilig durch einen ganzen Wald von Stützen absichern. Der Museumsbetrieb ist dann zeitweilig eingeschränkt.
Der Friedenstein-Westflügel bildet ein eigenes Teilprojekt in dem gesamten 60-Millionen-Euro-Großvorhaben, das bis 2032 abgeschlossen sein soll. Ein weiteres Teilprojekt gilt den beiden anderen Trakten der zwischen 1643 und 1654 durch Ernst den Frommen errichteten frühbarocken Schlossanlage; ein drittes und viertes dem Park und den Gebäuden darin. Zeitdruck verspürt man offenbar nur bei diesen beiden kleineren, simultan zu den großen zu bewältigenden Aufgaben: Bis 2021, wenn Gotha als Außenstandort der Erfurter Bundesgartenschau firmiert, will man dort schon das meiste geschafft haben.