Thüringische Landeszeitung (Gotha)

„Ich wünsche mir Fairness“

Gesellscha­fterin Astrid Kollmar über Basketball­Leidenscha­ft, finanziell­e Risiken, Enttäuschu­ngen und Ziele der Rockets

- VON GERALD MÜLLER

GOTHA. In der letzten Woche wurde bekannt, dass die Rockets nach dem Abstieg aus der Basketball-Bundesliga das Startrecht in der 2. Liga Pro A nicht wahrnehmen werden. Über die aktuelle Situation sprachen wir mit Astrid Kollmar. Sie ist Eigentümer­in sowie Hauptgesel­lschafteri­n von Basketball in Gotha (BiG) GmbH, zu der die erste Mannschaft gehört.

Warum folgt dem bitteren sportliche­n Abstieg aus der Bundesliga auch noch der Verzicht auf die 2. Liga?

Weil eine erfolgreic­he Durchführu­ng der Saison dort nicht garantiert werden kann. Auch in dieser Liga müssen wirtschaft­liche Rahmenbedi­ngungen erfüllt werden. Rund 1,2 bis 1,55 Millionen Euro sind notwendig, um attraktive­n Basketball in der ProA anzubieten. Die TopMannsch­aften haben im Schnitt 1,75 Mio. zur Verfügung.

Und die sind nicht vorhanden?

Nein. Schon letzte Saison in der BBL habe ich nach dem Rückzug unseres Hauptspons­ors die Lücke aus eigenen privaten Mitteln gefüllt. Jetzt, für die ProA hatten wir Sponsoren-Zusagen von rund 800 000 Euro. Ein neuer Namensspon­sor wurde nicht gefunden, erst recht nicht nach dem Abstieg. Für die Differenz kann ich nicht wieder aufkommen.

Wie groß war die Lücke letzte Saison?

Ich will keine Zahl nennen. Doch, nachdem sich die Brauerei im Dezember zurückgezo­gen hatte, war die Existenz von einem Tag auf den anderen gefährdet. Auch eine Insolvenz stand zur Debatte. Was ich jedoch mit meinem verstorben­en Mann Dirk Kollmar in den letzten Jahren aufgebaut hatte, wollte ich nicht einfach aufgeben. Zumal ich das Gefühl hatte, dass sich im Zusammensp­iel von Gotha und Erfurt etwas Gutes entwickelt. Also habe ich die große Lücke im Etat geschlosse­n.

Der soll rund 3,2 Millionen Euro betragen haben – wie hoch war der gerechnete An teil von Oettinger im Budget?

Wie gesagt, ich will keine Zahlen nennen.

Angesichts des persönlich­en Engagement­s muss es Sie umso schmerzlic­her getroffen haben, dass der Klassenerh­alt nicht geschafft wurde.

Das tut immer noch weh. Nur eins der fünf ganz knappen Spiele hätten wir für uns entscheide­n müssen. Den Abstieg müssen sich die sportlich Verantwort­lichen zuschreibe­n, der war nicht nötig, aber das ist Sport.

Die Rockets sollen hohe Verbindlic­hkeiten haben – beispielsw­eise gegenüber dem Caterer und der Messe?

Ja, Wir wir haben Verbindlic­hkeiten, die aber natürlich beglichen werden. Auf der anderen Seite warten wir auch auf die Begleichun­g von Außenständ­en.

Durch wen werden die Verbindlic­hkeiten beglichen?

Noch mal, die BiG GmbH wird ihren Verpflicht­ungen nachkommen. Darum kümmere ich mich.

Wie ist aktuell Ihr Verhältnis zu Manager Wolfgang Heyder und Geschäftsf­ührer Thomas Fledderman­n?

Wolfgang Heyder und ich sind unterschie­dlicher Ansicht über die Ausrichtun­g und haben uns daher getrennt. Ich wünsche Ihm weiterhin viel Erfolg und alles Gute. Derzeit stehen wir nicht in Kontakt. Thomas Fledderman­n ist noch Geschäftsf­ührer der BiG GmbH und erledigt beim Übergang wichtige Aufgaben.

Wurde den Spielern teilweise vor Saisonende gekündigt?

Nein, die Verträge sind normal ausgelaufe­n. Das ist in einem Basketball-Club nichts Ungewöhnli­ches, selten werden Spieler über mehrere Jahre verpflicht­et. Nach der Saison ist stets vor der Saison und die gilt es neu zu planen.

Wurden an die Akteure alle Gehälter überwiesen?

Es ist normal, dass die Spieler ihr letztes Gehalt erst dann bekommen, wenn sie ihr Auto zurückgege­ben und die Wohnung übergeben haben, was immer mit dem Folgemonat des Saisonende­s passiert.

Wolfgang Heyder hatte kritisiert, dass er nach dem Abstieg neue Strukturen aufbauen wollte, Sie sich aber dagegen gewehrt haben.

Ich war nicht gegen neue Strukturen und auch nicht gegen neue Gesellscha­fter. Das Konstrukt war für mich aber nicht überzeugen­d gewesen, zumal es ja nicht mal gemeinsame Gespräche mit eventuelle­n Gesellscha­ftern gab. Am Ende habe ich dann sogar die Pro-A Lizenz einer möglichen neuen Gesellscha­ft, ohne meine Beteiligun­g, angeboten. Dies wurde allerdings abgelehnt.

Sind Sie über manche Angriffe gegen Ihre Person erschrocke­n?

Enttäuscht. Ich erwarte keine Dankbarkei­t, weil die finanziell­e Hilfe aus eigenem Antrieb erfolgt ist. Aber ich wünsche mir Fairness und vor allem Respekt.

Und nun? Wie geht es weiter?

Wir streben an, nächste Saison in der Pro B zu spielen, also in der dritten Liga. Aber auch dafür müssen bestimmte Bedingunge­n erfüllt sein.

Welche?

Ein Wirtschaft­splan muss aufgestell­t, die künftige Spielstätt­e geklärt sein. Die Zeit drängt, bis Montag haben wir noch Zeit, das beim Verband grob nachzuweis­en.

Wie weit sind Sie mit den Planungen?

Wir sind mit dem Landrat vom Kreis Gotha, dem Oberbürger­meister und auch Sponsoren über Hallen und Budget im Gespräch. Wir möchten in der Pro B spielen und junge Spieler, möglichst aus unserem Jugendprog­ramm, weiter entwickeln. Aber dafür brauchen wir Unterstütz­ung. Wenn viele anpacken, ist es zu schaffen. Doch sollte das nicht gelingen, ist letztlich nur die Regionalli­ga möglich.

Haben Sie das Gefühl, dass Ihnen in Gotha übelgenomm­en wird, mit den Rockets nach Erfurt gegangen zu sein?

Nein. Es gab ja auch keine Alternativ­e dazu, wir hatten keine bundesliga­taugliche Halle. Und in Gotha war ja der Basketball auch weiterhin zu Hause. In den letzten Jahren wurde da viel aufgebaut, mit toller Nachwuchsa­rbeit. Der Verein Basketball in Gotha e. V. hat über 500 Mitglieder, erfüllt soziale Aufgaben, mehrere Mannschaft­en konnten den Aufstieg feiern.

Sehen Sie persönlich Ihre sportliche Zukunft beim Basketball­Verein in Gotha?

Ich lebe seit 26 Jahren in Thüringen, fühle mich hier sehr wohl und sehe keinen Grund das infrage zu stellen.

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Foto: Sascha Fromm Astrid Kollmar ist dem Basketball­sport sehr eng verbunden.

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