Thüringische Landeszeitung (Gotha)
Staatsanwalt: „VW-Führung in der Pflicht“
Konzern zahlt Geldbuße wegen Dieselaffäre an Niedersachsen aus dem laufenden Geschäft. Auch anderen Herstellern drohen Strafen
Die Staatsanwaltschaft Braunschweig hat das Bußgeld von einer Milliarde Euro, das sie im Zusammenhang mit dem Abgasskandal gegen Volkswagen verhängt hat, als „schmerzhaft“und „empfindlich“für den Autobauer bezeichnet. „Wenn wir das Gefühl gehabt hätten, das führt zum allgemeinen Lacher und einer Überweisung aus der Portokasse, hätten wir einen anderen Betrag ermittelt“, sagte Oberstaatsanwalt Klaus Ziehe. Nach seiner Kenntnis sei es das höchste Bußgeld, das in Deutschland je gegen ein Unternehmen verhängt wurde. VW hat die Strafe am Mittwoch akzeptiert.
Das Bußgeld muss der Konzern innerhalb von sechs Wochen an das Land Niedersachsen überweisen. Nach Informationen dieser Zeitung wird es aus liquiden Mitteln gezahlt, Rückstellungen hat VW dafür nicht gebildet. Aus dem Konzern-Umfeld verlautete, dass die Entwicklung eines Fahrzeugs bis zur Marktreife etwa eine Milliarde Euro koste. Die Staatsanwaltschaft Braunschweig hält es für erwiesen, dass VW bei zwei Typen von Dieselmotoren seine Aufsichtspflicht verletzt hat.
Anders als Volkswagen sehen die Ermittler die Verantwortung dafür in der Konzernführung und nicht bei einer Abteilung. „Es geht um die VW AG insgesamt“, sagte Ziehe. Volkswagen hatte in seiner Interpretation des Bußgeldentscheids erklärt, nach den Ergebnissen der Ermittler sei es zu Aufsichtspflichtverletzungen in der Abteilung Aggregate-Entwicklung gekommen. „Wir würden niemals eine Abteilung an den Pranger stellen“, hielt Ziehe dem entgegen.
Verbraucherschützer bewerten das Bußgeld gegen VW positiv. Für Besitzer eines betroffenen Diesels ändere die Braunschweiger Entscheidung aber zunächst nichts, sagte der Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbands, Klaus Müller: „Sie stehen bislang weiter allein mit ihrem Schaden da.“
Wie Volkswagen könnten auch Daimler und Porsche sowie dem Autozulieferer Bosch ähnliche Bußgelder drohen. Gegen alle bei ihr in Dieselermittlungen verwickelten Unternehmen könnten Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet werden, erklärte die Staatsanwaltschaft Stuttgart: „Und das prüfen wir noch.“(hs/dpa/rtr)