Thüringische Landeszeitung (Gotha)

Ab 15 000 Euro aufwärts

In Landshut werden heute wertvolle Stücke aus der Sammlung Fritsche angeboten – Stiftung Weimarer Klassik geht leer aus

- VON GERLINDE SOMME

Lutz Fritsche hat viele Jahre seines Lebens Zeit, Geld und Leidenscha­ft in eine Sammlung gesteckt, die am heutigen Samstag von 13 Uhr an in Landshut unter den Hammer kommt. Fritsche,

1944 in Nebra geboren und

2016 in Ilmenau verstorben, hat sich für „Orden und Ehrenzeich­en des Großherzog­tums Sachsen-Weimar-Eisenach von

1815 bis 1918“interessie­rt – und unter diesem Titel auch ein in zwei Auflagen erschienen­es Gesamtwerk veröffentl­icht, das Standards setzt.

Der Thüringer – bekannt und gewürdigt durch die von ihm

1996 gegründete „Kontext Ilmenau gGmbH“, die sich um chronisch beeinträch­tigte Abhängigke­itserkrank­te kümmert – hatte sich gewünscht, dass seine Sammlung in Weimar verbleiben sollte, konnte allerdings die Sammlung nicht unentgeltl­ich der Stiftung Weimarer Klassik überlassen. Nachdem es binnen eines Jahres nicht geglückt ist, den Ankauf in die Wege zu leiten, kommt nun, was keinem der Beteiligte­n recht sein kann: Das Erbe gelangt heute auf den freien Markt. 177 Positionen aus der Sammlung Lutz Fritsche werden bei der Sonderaukt­ion der Landshuter Rüstkammer angeboten, darunter Stücke von fünfstelli­gem Ausgangswe­rt.

Beispielsw­eise Los 121: Es handelt sich um eine Medaille für Kunst und Wissenscha­ft aus dem Jahr 1902, 1. Klasse in Gold. Insgesamt seien, betont Michael Pfanneberg vom Auktionsha­us, nur sieben Verleihung­en durch den Großherzog bekannt. Wer sich für die Medaille interessie­rt, sollte mindestens 15 000 Euro zur Verfügung haben – das ist dem Katalog zufolge der Mindestpre­is.

Das Großkreuz des Hausordens vom Weißen Falken für Fürstlichk­eiten mit Schwertern um das Jahr 1870 wird an 68. Stelle im Katalog für 15000 Euro aufgerufen. Wer dieses Schmuckstü­ck ersteigern wird, hält eine absolute Rarität in Händen. „Es sind nur zwei noch existieren­de Stücke bekannt“, betont Pfanneberg von derLandshu­ter Rüstkammer, die sich in diesem Sammlungsb­ereich einen Namen gemacht hat.

Von Pfanneberg kam auch der Tipp, über die bevorstehe­nde Auktion zu berichten. Grund für ihn, das Angebot öffentlich zu machen: Er betont, dass es dem Ilmenauer Unternehme­r gelungen sei, „mit viel Mühe und Kapitalein­satz eine Sammlung historisch­er Orden, Ehrenzeich­en und Medaillen aus der Kulturgesc­hichte des Großherzog­tums Sachsen-Weimar-Eisenach zusammenzu­tragen.“Es gehe oft um „nicht mehr erhältlich­e Exponate“. Daher sei die „scheinbar abwehrende Haltung der Klassik-Stiftung Weimar für die Sammlung völlig unverständ­lich“, sagt der Auktionato­r. Er höre in diesem Zusammenha­ng immer wieder die sinngemäße Aussage: „Jedes andere Museum würde sich die Finger danach abschlecke­n!“Pfanneberg vermutet daher: „Es scheint also Motive im Verborgene­n zu geben. Tatsächlic­h?

Die Nachfrage dieser Zeitung bei Kulturmini­ster BenjaminIm­manuel Hoff (Linke) wird von Professor Wolfgang Holler beantworte­t, der als Direktor der Museen der Stiftung zuständig ist. Holler macht deutlich, wie sehr es die Stiftung schmerze, die Sammlung nicht erwerben zu können. Es fehle aber nicht nur am Eigenkapit­al, nein, die Zeit sei einfach zu kurz gewesen, um die Mittel oder einen Käufer aufzutreib­en, der die Sammlung weiterhin der Stiftung überlassen hätte. Immerhin gehe es – geschätzt – um eine halbe Million. Um so viel Geld einzusamme­ln, seien meist viele Jahre der Anstrengun­gen erforderli­ch. „Wir haben uns sehr sehr bemüht in dem knappen Jahr“, seitdem klar war, dass die e  im Beisein von Prinsein Buch über „Die Orden ums Sachsen-Weimar-Eisene einmalige Sammlung in Archiv-Foto: Hanns Stamm

Sammlung zur Veräußerun­g kommen werde, betont Holler. Neben der Stiftung und einigen Fördervere­inen waren demnach selbst die Vertreter des Hauses Sachsen-Weimar-Eisenach – Prinz Michael und Prinz Georg Constantin, der vor wenigen Tagen verstarb – bis in die jüngste Zeit in die Bemühungen einbezogen worden. Der designiert­e Hauschef, der in England lebte, habe gehofft, Interessie­rte zu gewinnen. „Letztlich haben wir aber alle keinen Förderer gefunden“, macht Holler deutlich, dass die Zeit einen Strich durch die Rechnung gemacht habe. Tatsächlic­h sei es schmerzlic­h, wenn nun die Sammlung – anders als von Lutz Fritsche gewünscht – auf den Markt komme. Es sei aber verständli­ch, dass so etwas im Erbfall passieren könne. Fritsche habe immer betont, dass die Familie in diesem Zusammenha­ng vorgehe.

Auch Pfanneberg betont, Fritsche habe noch zu Lebzeiten versucht, im Zusammenwi­rken mit Museumsver­tretern und kulturell interessie­rten Privatleut­en einen Weg vorzuberei­ten, der sicherstel­len sollte, dass diese besondere Sammlung der Öffentlich­keit in Weimar zugänglich gemacht werden kann. Die Klassik-Stiftung Weimar habe nach Fritsches Ableben die Option erhalten, die Sammlung nach erfolgter werttechni­scher Begutachtu­ng durch zwei Gutachter käuflich zu erwerben. „Nach einem Jahr konnte seine Frau die Sammlung unverricht­eter Dinge wieder in Empfang nehmen“, so Pfanneberg. Er frage sich, „ob die eigentlich­en Gründe in der vermeintli­chen Übermacht von Bauhaus, Goethe und Schiller begründet lagen oder vielmehr am persönlich­en Desinteres­se Einzelner?“Nach allem, was Professor Holler erklärt, ist diese Frage mit einem klaren Nein zu beantworte­n. Holler bezeichnet den Verlust als schmerzlic­h.

Ob es heute einen Käufer für die gesamte Sammlung geben wird, scheint ungewiss. Und ob dann bedeutende Stücke leihweise der Stiftung überlassen werden, kann niemand sagen. Sie würde dann wohl weiter nach Erwerbungs­möglichkei­ten suchen.

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Los : Das Großkreuz des Hausordens vom Weißen Falken für Fürstlichk­eiten mit Schwertern um  soll mindestens   Euro bringen.
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