Thüringische Landeszeitung (Gotha)
Grüne drängen auf Azubi-Ticket
Land soll durch seine Fördermittel darauf hinwirken, dass ein thüringenweiter Verkehrsverbund entsteht
Grünen-Landessprecherin Stephanie Erben fordert von der rot-rot-grünen Regierung die Einführung eines subventionierten Fahrscheins für Lehrlinge noch in dieser Wahlperiode. „Das Azubiticket darf nicht auf die lange Bank geschoben werden“, sagt sie im Gespräch mit dieser Zeitung. „Wir brauchen es. Und es muss auch seinen Namen verdienen.“
Wenn damit nur die Strecken des Verkehrsverbunds Mittelthüringen (VMT) abgedeckt würden, sei das „zu wenig“. Denn damit würden genau die Menschen ausgegrenzt, die auch ein Anrecht auf Mobilität hätten. Vor allem der ländliche Raum werde von einem AzubiTicket profitieren, weil damit Jugendliche in die Lage versetzt würden zu pendeln und nicht unbedingt den Wohnort wechseln müssten, wenn sie eine Lehrstelle antreten.
„Erst wenn das Azubi-Ticket funktioniert, können wir über weitere Mobilitätslösungen für junge Menschen reden“, betont Erben. Der Tarifverbund dürfe sich nicht mehr nur auf die größeren Städte beschränken. Sie ist der Ansicht, dass es auch für Schüler ein Angebot geben solle.
„Es muss attraktiv sein für Schüler und Familien“, fordert die Bündnisgrüne. Am Ende würden alle davon profitieren, und es entstehe eine Win-Win-Situation.
Dass es möglich ist, Verkehrsverbünde in Thüringen zu schmieden, zeigt sich für Erben beim aktuellen Ferienticket, das sechs Wochen lang gilt. Der „kleine Fahrschein“decke für 14 Euro den regionalen Busverkehr ab, das „große Ticket“umfasse auch die Deutsche Bahn und koste 28 Euro. „Und kein Verkehrsunternehmen im Freistaat
GrünenLandessprecherin Stephanie Erben
meldet nach dem Ferienende Insolvenz an. Das scheint sich für alle zu rechnen“, sagt die Parteichefin. Wenn das Konzept in den Ferien funktioniert, ist es für Erben unverständlich, warum es nicht generell auf den Weg gebracht werden kann.
Im Koalitionsvertrag ist das Azubi-Ticket auch verankert. Allerdings ist die Formulierung vage. Dort heißt es: „Die Koalition strebt die Einführung eines kostengünstigen Azubi-Tickets für den öffentlichen Nahverkehr an. Hierzu soll ein Dialog mit Vertreterinnen und Vertretern des Öffentlichen Nahverkehrs, der Kommunen, der Kammern und der Unternehmen angestoßen werden.“
Infrastrukturministerin Birgit Keller (Linke) hatte im Mai angekündigt, das Ticket zum Schuljahresbeginn einführen zu wollen, damit Auszubildende günstiger zwischen Wohnort und Ausbildungsplatz pendeln können. Im Juni teilte Kellers Staatssekretär Klaus Sühl nach einem Gespräch mit Oberbürgermeistern und Landräten mit, das Azubiticket starte am 1. Oktober. „Die Azubis können dann in ganz Thüringen die Nahverkehrszüge nutzen sowie Busse und Straßenbahnen in den Landkreisen und kreisfreien Städten, die Mitglied im Verkehrsverbund Mittelthüringen sind“, so Sühl. Damit Kreise auch ohne Zugehörigkeit zum VMT das Ticket einführen können, will das Ministerium eine Förderrichtlinie auf den Weg bringen. Diese ermöglicht es den Landkreisen, Landesgelder für die Finanzierung des Azubi-Tickets zu beantragen. Die Kosten für das Ticket sollen gedrittelt werden: Neben dem Land sollen sich auch die Auszubildenden und die Ausbildungsbetriebe beteiligen.
Für eine flächendeckende Einführung fehle auch „ein bisschen Druck“, sagt Erben an die Adresse von Ministerin Keller. „Dabei kann das Land mit seinen Fördermitteln, die in den Öffentlichen Personennahverkehr fließen, doch steuern.“An das Geld könne man Bedingungen knüpfen, um möglichst rasch einen thüringenweiten Verkehrsverbund zu schaffen.
„Erst wenn das AzubiTicket funktioniert, können wir über weitere Mobilitätslösungen für junge Menschen reden.“