Thüringische Landeszeitung (Gotha)

Landesregi­erung weiß wenig über militante Tierschütz­er

Statistik der politisch motivierte­n Kriminalit­ät bescheinig­t nur wenige Delikte in dieser Kategorie – AfDAbgeord­neter Thomas Rudy spricht von Dunkelfeld

- VON VOLKHARD PACZULLA

„Der Landesregi­erung liegen keine Erkenntnis­se zu militanten Tierschütz­ern vor.“

Eigentlich hätte es das Thüringer Innenminis­terium bei dieser lapidaren Auskunft belassen können. Denn die AfD-Landtagsfr­aktion hatte in ihrer parlamenta­rischen Anfrage einen Begriff gewählt, den die Kriminalit­äts-Statistik der Polizei nicht verwendet. So mussten sich die Fragestell­er belehren lassen: Bundeseinh­eitlich wird seit 2001 die Politisch motivierte Kriminalit­ät (PMK) statistisc­h erfasst. Und hier gebe es auch das Themenfeld „Tierschutz, Tierrecht, Jagd“.

Insofern ließen sich dann doch einige Aussagen dazu treffen, was sich rabiate Tierschütz­er in Thüringen so zuschulden kommen lassen. Gemeldet wurden im Zeitraum von 2010 bis 2017 lediglich zehn Delikte mit diesem Hintergrun­d: fünf Sachbeschä­digungen, eine Beleidigun­g, ein Diebstahl, ein Verstoß gegen das Versammlun­gsgesetz, eine Körperverl­etzung und eine Volksverhe­tzung. Ob sich die genannten Vorfälle hauptsächl­ich gegen Jäger, Tierhalter, Tierzüchte­r, Fleischer, Landwirte, Forstleute oder Sport- und Berufsfisc­her richteten, darüber kann die Statistik keine Auskunft geben.

Auch bei der Frage, welche Organisati­onen und wie viele Personen zur Szene der militanten Tierschütz­er in Thüringen zu rechnen seien, musste das Innenminis­terium passen. Selbst die Hoffnung der AfD, das Landesamt für Verfassung­sschutz könnte etwas Erhellende­s dazu beitragen, erfüllte sich nicht. Militante Tierschütz­er, so das Innenminis­terium, unterlägen nicht dem gesetzlich­en Beobachtun­gsauftrag des Amtes für Verfassung­sschutz. Denn: Das Kriterium der Militanz (aggressiv und gewaltbere­it) für sich genommen rechtferti­ge noch keine Beobachtun­g „ansonsten überwiegen­d unpolitisc­her Gruppierun­gen“, wie militante Tierschütz­er sie darstellen.

Immerhin weiß die Landesregi­erung, wie viele Tatverdäch­tige bei oben genannten Delikten ermittelt werden konnten: sieben. In einem der Fälle sei es zu einer rechtskräf­tigen Verurteilu­ng gekommen. Zur Frage, ob es personelle, finanziell­e oder organisato­rische Überschnei­dungen militanter Tierschütz­er mit Parteien oder gar mit der „linksextre­mistischen Szene“in Thüringen gibt, liegen der Regierung wiederum keine Erkenntnis­se vor.

Der Abgeordnet­e Thomas Rudy findet die Antworten befremdlic­h. Allein aus der Jägerschaf­t sei immer wieder von Drohungen und beschädigt­en Hochsitzen zu hören. Militante Tierschütz­er seien durchaus aktiv im Freistaat, schlussfol­gert Rudy. Die Landesregi­erung wisse das, unternehme aber nichts, um das Dunkelfeld auszuleuch­ten. Tierschutz sei wichtig. Gewalt aber dürfe dafür nicht eingesetzt werden, fordert Rudy.

 ?? Sascha Willms ?? Im Mai  richteten Vandalen – wahrschein­lich Jagdgegene­r – erhebliche Schäden im Pachtgebie­t eines Jungjägers in Mühlhausen an. Ein Hochsitz wurde angezündet. Archiv-Foto:
Sascha Willms Im Mai  richteten Vandalen – wahrschein­lich Jagdgegene­r – erhebliche Schäden im Pachtgebie­t eines Jungjägers in Mühlhausen an. Ein Hochsitz wurde angezündet. Archiv-Foto:

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