Thüringische Landeszeitung (Gotha)
Deutsche sind Müll-Meister
Jeder wirft im Jahr durchschnittlich 220 Kilo Verpackungen weg – der Spitzenwert in Europa
Ob Plastikflaschen, Getränkedosen, Coffee-to-go-Becher oder Paketkartons – obwohl sich die Bundesbürger gerne umweltbewusst geben, sind sie große Wegwerfmeister. 2016 fielen in Deutschland 18,16 Millionen Tonnen Verpackungsabfall an und damit soviel wie in keinem anderen Land in Europa.
Pro Kopf produzierte jeder
220,5 Kilogramm Verpackungsmüll. Zum Vergleich: Der europaweite Durchschnitt liegt bei
167,3 Kilogramm pro Nase. Dies geht aus einem aktuellen Bericht des Umweltbundesamts (UBA) hervor. Fast die Hälfte wird dabei von privaten Verbrauchern verursacht – und damit 103,5 Kilo pro Person.
„Wir produzieren viel zu viel Verpackungsmüll“, kritisiert die UBA-Präsidentin Maria Krautzberger. Das sei nicht nur schlecht für die Umwelt, sondern auch für den Rohstoffverbrauch. Und eine radikale Trendumkehr ist noch nicht in Sicht. Statt eines Rückgangs registrierte das Umweltbundesamt 2016 im Vergleich zum Vorjahr einen Zuwachs des Verpackungsaufkommens um 0,05 Prozent.
Die Ursachen für den hohen Verbrauch sind vielfältig. Angesichts zunehmender SingleHaushalte setzt sich im Lebensmittelhandel der Trend zu kleineren Portionen statt Großverpackungen fort. Fleisch, Käse oder Obst werden oft in Plastikfolien eingepackt. Immer mehr Menschen bestellen Waren im Internet, die beim Versand zusätzliche Verpackungen als Transportschutz brauchen. Zudem bekommen Verpackungen immer aufwendigere Verschlüsse, die mehr Material verbrauchen und schwieriger zu entsorgen sind, heißt es in dem Bericht.
Immerhin hat sich der Verbrauch von Kunststoffverpackungen bei den Verbrauchern von 25 auf 24,9 Kilo pro Person leicht verringert. Die UBA-Präsidentin geht davon aus, dass dafür mehr Glas- und Aluminiumverpackungen verwendet wurden, die aber nicht immer eine ökologisch sinnvolle Alternative seien, da ihre Herstellung energieintensiv ist.
Die größten Abfallmengen entstehen bei Papier (7,9 Millionen Tonnen), Kunststoff (3,09 Millionen Tonnen), Glas (2,8 Millionen Tonnen) und Metall (0,6 Millionen Tonnen). Diese Stoffe sind zugleich jene, die in Deutschland – mit Ausnahme von Plastik – die höchsten
Prozent der Verpackungen kommen ins Recycling. Foto: istock Recyclingquoten erzielen. So werden 88,7 Prozent Altpapier wiederverwertet, bei Stahl sind es sogar 92,1 Prozent, bei Aluminium 87,9 Prozent und bei Glas 85,5 Prozent.
Deutlich schlechter sieht es dagegen bei Kunststoffen aus, wovon nur knapp die Hälfte (49,7 Prozent) aufbereitet wird. Noch sind Kunststoffe aufgrund der Materialvielfalt schwierig zu sortieren. So enthält schon der Sprühkopf einer Sonnencremeflasche mehrere Plastikarten, die kaum sortenrein getrennt werden könnten, erläutert ein UBA-Sprecher. Hier gibt es nach Einschätzung des
Umweltbundesamts „noch viel Potenzial“, die Quote zu erhöhen. Immerhin konnten 2016 schon 0,9 Prozent mehr Kunststoffverpackungen wiederverwertet werden.
Das Umweltbundesamt empfiehlt, Recycling und Mehrwertsysteme weiter zu stärken, um Ressourcen zu schonen. Auch die Umweltorganisation BUND hält eine Abkehr von Einwegverpackungen für dringend notwendig. Wichtig sei aber auch die Vermeidung von Müll, sagt der BUND-Recyclingexperte Rolf Buschmann: „Was nicht verpackt werden muss, sollte auch nicht verpackt werden.“So sei es unverständlich, dass beispielsweise Gurken in Plastikfolien verhüllt werden. Dabei handele es sich wohl mehr um ein „Logistikproblem“, mutmaßt Buschmann. Einige Händler zeigen bereits, wie es besser geht: Sie kennzeichnen Bio-Gemüse mit einem Laseraufdruck und verzichten auf die Plastikhülle.