Thüringische Landeszeitung (Gotha)
Open-Air-Hörspiel im Schlosshof erinnert an Boykottaufruf
RadioKoproduktion nimmt Altenburger Flüchtlings und Theaterdebatte aufs Korn – Am Samstag ist Premiere
„Rechter Boykott gegen Theater“, „Ausländische Schauspieler als Rassismusopfer“oder „Wenn Künstler rassistisch angegriffen werden“. Mit derartigen Schlagzeilen fand sich die Kleinstadt Altenburg Anfang 2017 in den überregionalen Medien wieder.
Der Berliner Regisseur und Autor Paul Plamper hat die Ereignisse von damals als Vorlage für sein spannendes Open-Air-Hörspiel „Der Absprung“genutzt. Das prominent besetzte Hörstück feiert am Samstag, dem 28. Juli, um 15 Uhr seine Premiere im Altenburger Schlosshof und wird an vier weiteren Tagen zu erleben sein.
Zudem strahlen die Radiosender WDR 3, WDR 5, Deutschlandfunk Kultur und der Bayerische Rundfunk als Kooperationspartner das Hörspiel aus, wie der Schloss- und Kulturbetrieb Residenzschloss Altenburg mitteilte.
Zu den Mitwirkenden zählen namhafte Schauspieler wie der „Nürnberger Tatort“-Darsteller Fabian Hinrichs oder Peter Kurth, der in der Erfolgsserie „Babylon Berlin“mitspielt. Aber auch Laiendarsteller der Mitspielakademie Altenburg gehören zu den Sprechern und sorgen dank ihrer Mundart für eine authentische Note.
Trotz der realen Bezüge siedelt Regisseur Plamper sein Stück in der fiktiven Kommune Leerstadt an. Sie stehe exemplarisch für Kleinstädte in strukturschwachen, teils leergezogenen Regionen, die es in Ost- wie Westdeutschland gebe. Plamper präsentiert in „Der Absprung“wichtige Schlüsselszenen der Altenburger Flüchtlingsdebatte. Die Hörer sind mittendrin, wenn mehrere Hundert Bürger bei einer Einwohnerversammlung in Leerstadt-Nord die ungleiche Verteilung der Flüchtlinge im Altenburger Land kritisieren, wenn sie mahnen, dass ihre Hilfsbereitschaft überstrapaziert werde und manch Einwohner gar von „Schmarotzern“spricht. Das Publikum ist dabei, wenn die Landrätin ihrerseits beklagt, dass die Bürgermeister
Aufführungen im Schlosshof
(im Loop; Dauer: ca. 45 Min.):
• Samstag, 28. Juli, 15 bis 18 Uhr
• Sonntag, 29. Juli, 10 bis 17 Uhr
• Freitag, 3. August, 13 bis 18 Uhr
• Samstag, 4. August,
10 bis 17 Uhr
• Sonntag, 5.August,
10 bis 17 Uhr
• Ein Publikumsgespräch im Beisein von Autor und Regisseur Paul Plamper findet am Samstag, 28. Juli, um 17 Uhr im Residenzschloss statt.
im Kreis nicht bereit seien, Asylbewerber aufzunehmen, und von einer Chance für Leerstadt spricht. Immerhin habe man einen Wohnungsleerstand von 16 Prozent. Das sei deutschlandweiter Spitzenwert.
Das Publikum wird zudem Zeuge vom Boykottaufruf gegenüber dem örtlichen Theater, weil rund 30 Akteure aus dem Umfeld der Bühne auf der Bürgerversammlung laut und Sonnabend, den 17. November, 19.04 bis 20 Uhr
• WDR 5:
Sonntag, den 18. November,
17.05 bis 18 Uhr
• Deutschlandfunk Kultur:
Montag, 3. Dezember,
0.05 bis 1 Uhr
• Bayerischer Rundfunk: n.n.
deutlich gegen Ausgrenzung und rechte Gesinnung polemisierten. Und es hört den Journalisten überregionaler Medien zu, wie sie das Thema in knackige Headlines verpacken und nur allzu gern verallgemeinern, weil eine ausländerfeindliche ostdeutsche Stadt ins Klischee passt. Die viel beachtete Inszenierung des „Hauptmann von Köpenick“, in der ein Schauspieler aus Afrika die Titelrolle spielte, bildet dabei die inhaltliche Klammer. Paul Plamper lässt in seinem Hörspiel alle Seiten zu Wort kommen, ohne zu werten.
Das ist die Stärke des Stücks, denn es ermöglicht unvoreingenommen, die unterschiedlichen Positionen einzunehmen. Selbst der Regisseur hat durch die Arbeit am Stück seinen Blick geweitet, wie er sagt. So könne er nun den viel kritisierten Oberbürgermeister Michael Wolf (SPD) teilweise verstehen.
Produziert wurde das Hörspiel in Berlin, in Anwesenheit aller 30 beteiligter Sprecher. Dem Regisseur waren vor allem die Gruppenszenen wichtig, bei denen der Zuhörer dank
3D-Sound-Technik tatsächlich das Gefühl hat, Teil einer Versammlung oder Demonstration zu sein.
Bemerkenswert ist auch die Darstellung der Landrätin durch Laienschauspielerin Dana Weber. Teilweise glaubt man, die Stimme der abgewählten Landrätin Michaele Sojka (Linke) zu vernehmen.
„Der Absprung“bildet den dritten Teil von Plampers „Fremde & Geister“-Trilogie. Die ersten beiden Teile wurden im Museumsquartier Wien
(2016) und bei der Ruhrtriennale
(2017) aufgeführt.
Regisseur lässt alle Seiten zu Wort kommen