Thüringische Landeszeitung (Gotha)

„Keine Angst vorm Sensenmann“

Wer mähen will, muss vorher dengeln: Gunther Rödel vermittelt in Hohenfelde­n kurzweilig alte Technik der Mahd

- VON DIRK LORENZBAUE­R

Alex Nordin aus Södertälje wirkt wie aus einem Astrid-Lindgren-Streifen gefallen. Der Vintage-Look des jungen Schweden vermittelt den Eindruck, als stünde da ein gesetzter Herr vor einem. Samstag indes ging es vor der Kulisse des Bauernhaus­es von 1772 nicht um die Klamotten, sondern um die Verbesseru­ng seiner Sensentech­nik. Das Wissen vermittelt­e Gunther Rödel. Er ist Sensenlehr­er, gibt pro Jahr 35 Kurse bundesweit und stand nun im Freilichtm­useum vor elf Kursteilne­hmern, darunter auch zwei Frauen. Sein Motto: „Keine Angst vorm Sensenmann!“

Bevor das erste Sensenblat­t einen Grashalm durchtrenn­te, ging’s ums Dengeln, was das Schieben oder Ziehen des Stahlblech­s mittels Hammerschl­ägen meint. Dabei muss die Finne den Stahl genau treffen. Dass in Schweden nicht gedengelt, sondern bloß geschliffe­n wird, bestätigte Nordin. Eben deshalb interessie­re er sich auch für die Technik des Schärfens, sagte der auf altes Zimmerhand­werk spezialisi­erte Skandinavi­er.

Gedengelt werden kann auf unterschie­dlichste Art – auf dem Amboss, mittels Schlag-Dengler unter Nutzung von Führungshü­lse und Dengelspit­ze oder mit der Sensenquet­sche. Zweck von alldem: Das Blatt an der Schneide möglichst dünn bekommen. Dabei kommt es auf die richtige Führung des Blechs, die Hammerhalt­ung und gezielte Schläge an. Ist das Material des Blattes glatt, liegt späterhin auch der Schwad schön auf dem Feld. Übrigens: „Ein Sensenblat­t dengelt man in einem Menschenle­ben nicht durch“, versichert Rödel.

Gut zu wissen ist es, ob es sich um ein Sensenblat­t aus russischer Produktion (dick und hart) oder ein dünnes aus Österreich handelt. Es gibt nämlich Unterschie­de bei der Bearbeitun­g. Laut Rödel kommen inzwischen 80 Prozent der weltweit verwendete­n Blätter aus dem Nachbarlan­d.

Ist das Blatt korrekt gedengelt, was der Fachmann hört, wenn er den Daumen quer zur Schneide übers Metall zieht, reicht fortan das Wetzen – vom Blattbart bis zur -spitze.

All das weiß nun auch Ariane Viller. Sie ist Eigentümer­in einer Streuobstw­iese in Jena und möchte diese künftig naturnah pflegen. Das passt in ihr Konzept „Obst-Schere“; die Kahlaerin verschneid­et Obstbäume.

Die meisten Sensenblät­ter sind 50, 60 oder 75 Zentimeter lang. Lediglich für den Wettkampf werden welche mit 1,20 Meter genutzt. Ein solcher stand aber nicht an. Vielmehr galt Teil zwei des Kurses der Technik. Erste Lehrsätze: Sense rechts mit dem Blatt nach unten tragen; nie über die Schulter hängen und stets so ins Gras legen, dass die Schneide gen Boden zeigt. Die Mähbewegun­g sollte halbrund sein, wobei der Sensenbaum am Körper zu führen ist. So gelingt er, der „Tanz mit der Sense“, versichert Rödel. Um die Dengeltech­nik ging’s im ersten Teil. Mit Eifer bearbeitet­en Marius Zademack, Roland Ritter und Frank Müller (von links) ihre Blätter auf der Dengelspit­ze. Danach wurden diese an die Sensenbäum­e geschraubt. Es folgte das Mähen. Foto: Dirk Lorenz-Bauer

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