Thüringische Landeszeitung (Gotha)
Gewalt daheim trifft meist Frauen
Linke: EU-Konvention vollständig umsetzen
Die Linke-Abgeordnete Karola Stange hofft auf eine vollständige Umsetzung der sogenannten Istanbul-Konvention in Thüringen. Die Übereinkunft des Europarates zur Verhütung und zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen ist seit Februar 2018 in Kraft. „Sie muss auch in Thüringen umgesetzt werden“, sagt Stange und hat das in einer Kleinen Anfrage an die Thüringer Landesregierung entsprechend formuliert.
Erste Ansätze zur Umsetzung gibt es in Thüringen bereits. So ist die Koordinierungsstelle gegen häusliche Gewalt wieder besetzt. Auch ein Maßnahmeplan existiert zu dem Thema. Es seien nun, sagt Stange, weitergehende Schritte notwendig. In Thüringen sind im vergangenen Jahr vier Mal so viele Frauen wie Männer von häuslicher Gewalt betroffen gewesen. 2376 Opfer waren weiblich und 556 Männer finden sich in der polizeilichen Kriminalstatistik. Sechs Todesopfer zählt die Polizei nach häuslicher Gewalt im Jahr 2017 – drei Frauen und drei Männer. Das geht aus einer Mitteilung des Thüringer Innenministeriums vom März des Jahres hervor, in der erstmals über die hohen Fallzahlen berichtet worden ist. 26 Täter wurden von der Polizei festgenommen, mehr als 300 Platzund mehr als 400 Wohnungsverweise ausgesprochen. Auch Kinder sind im vergangenen Jahr wieder leidvoll in den Fokus beim Thema häuslicher Gewalt gerückt. Denn die Zahlen der Mädchen und Jungen, die miterleben mussten, wie daheim Gewalt ausgeübt wurde, ist deutlich gestiegen – von 966 im Jahr 2016 auf 1162 betroffene Kinder im vergangenen Jahr. Karola Stange geht davon aus, dass sich die Zahlen deutlich steigern würden, könnte das Dunkelfeld hinreichend beleuchtet werden. „Nicht alle Frauen und Mädchen zeigen das Erlebte an, nur wenige Fälle kommen ans Licht. Auch weil die Taten sich im Privaten, vor allem im sozialen Nahumfeld abspielen“, sagt sie. Die Thüringer Grünen werben indes für eine anonyme Spurensicherung. Das, sagt die Abgeordnete Astrid Rothe-Beinlich, könnte Betroffenen den Weg zur Polizei erleichtern, um eine Anzeige zu erstatten.
Morgen, am 25. November, sollen Frauen und Mädchen ihre Stimme gegen Gewalt erheben. Der Sonntag gilt als internationaler Aktionstag gegen Gewalt an Frauen und Mädchen. Auf dem Erfurter Fischmarkt findet dazu morgen um 17 Uhr eine Kerzenaktion statt.