Thüringische Landeszeitung (Gotha)

Sollen Minijobs attraktive­r werden?

Die FDP will die 450-Euro-Grenze für die „geringfügi­ge Beschäftig­ung“anheben, auch die Union kann sich das vorstellen. Doch die SPD sperrt sich

- VON PHILIPP NEUMANN

Es dauerte gerade einmal zwei Minuten, da hatte der Bundesrat am Freitag den Tagesordnu­ngspunkt 24 abgehakt. Außer dem Vertreter aus NRW hatte niemand die Hand gehoben. Der Antrag war durchgefal­len. Die Landesregi­erung in Düsseldorf hatte vorgeschla­gen, die Verdienstg­renze für Minijobs anzuheben. Statt bei 450 Euro sollte die Grenze künftig bei 487 Euro liegen. Es wäre das erste Mal seit fünf Jahren, dass die Summe gestiegen wäre. Aber Ministerpr­äsident Armin Laschet (CDU) und seine schwarzgel­be Koalition konnten sich nicht durchsetze­n.

Im Bundestag gibt es für den Vorschlag nun eine zweite Chance. Die FDP hat einen Gesetzentw­urf ins Parlament gebracht, der das gleiche Ziel hat. An diesem Montag findet im Sozialauss­chuss eine Anhörung dazu statt. Einziger Unterschie­d zum Vorschlag aus NRW: Die Grenze für Minijobs soll 2019 bei 551 Euro liegen. Dieser Wert soll weiter steigen – und zwar genauso wie der Mindestloh­n. Der Vorstoß hat das Zeug dazu, einen neuen Streit in der Koalition zu entfachen. Denn bei der Union gibt es große Sympathien für die Pläne der FDP. Die SPD ist bislang dagegen.

Die Verbindung von Minijob und Mindestloh­n ist kein Zufall. Je höher die gesetzlich­e Lohnunterg­renze steigt, desto weniger Stunden können Minijobber für 450 Euro im Monat arbeiten. Beim Start des Mindestloh­ns reichten die 8,50 Euro noch für 53 Stunden im Monat. Beim aktuellen Mindestloh­n mit 8,84 Euro entspricht die MinijobSum­me exakt 51 Stunden Arbeit. Ab 2019, wenn der Mindestloh­n auf 9,19 Euro steigt, dürfen Minijobber nur noch 49 Stunden im Monat arbeiten. „Die Erhöhung der Minijobgre­nze ist ein Gebot der Fairness“, begründet Pascal Kober, Sozial-Experte der FDP-Fraktion, den Vorschlag. Minijobber hätten nichts von steigenden Löhnen, denn sie müssen dann ihre Arbeitszei­t reduzieren.

Die „geringfügi­ge Beschäftig­ung“, wie Minijobs offiziell heißen, gibt es seit 40 Jahren. Zu Anfang mussten Arbeitnehm­er und Arbeitgebe­r keine Sozialabga­ben zahlen. Inzwischen werden für den Arbeitgebe­r pauschale Abgaben fällig, die aber deutlich geringer sind als bei voll sozialvers­icherungsp­flichtigen Jobs. Die Zahl der Minijobber ist konstant – sie liegt im gewerblich­en Bereich derzeit bei 6,7 Millionen. In Privathaus­halten arbeiten noch einmal 300.000. Der Arbeitsmar­ktexperte der Unions-Fraktion, Peter Weiß (CDU), wäre für eine Anhebung zu haben – allerdings unter einer Bedingung: Es müsse „einen verpflicht­enden Beitrag aller Minijobber an die Rentenvers­icherung geben. Eine Befreiung von den Beiträgen darf dann nicht mehr möglich sein.“Damit die Minijob-Grenze auch tatsächlic­h steigt, kommt es in der Koalition auf die SPD an. Und die sperrt sich: „Der Vorschlag, die Einkommens­grenzen für Minijobs anzuheben, ist Murks und verfestigt den Niedrigloh­nsektor – das wollen wir nicht“, macht Fraktionsv­ize Katja Mast deutlich. „Minijob bedeutet Altersarmu­t und verschärft den Fachkräfte­mangel. Das kann niemand wollen.“Der Niedrigloh­nsektor solle nicht noch attraktive­r werden. Auch Arbeitsmin­ister Hubertus Heil (SPD) lässt ausrichten, er habe derzeit nicht vor, die Grenze zu ändern: „Eine weitere Anhebung ist derzeit nicht vorgesehen“, teilt ein Sprecher mit – und verweist darauf, dass eine feste Grenze ganz bewusst das bewirken soll, was die FDP kritisiert: Minijobs werden bei steigenden Löhnen weniger attraktiv.

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Ein junger Minijobber arbeitet in einem Warenlager für Möbel.Foto: imago stock

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