Thüringische Landeszeitung (Gotha)
Sollen Minijobs attraktiver werden?
Die FDP will die 450-Euro-Grenze für die „geringfügige Beschäftigung“anheben, auch die Union kann sich das vorstellen. Doch die SPD sperrt sich
Es dauerte gerade einmal zwei Minuten, da hatte der Bundesrat am Freitag den Tagesordnungspunkt 24 abgehakt. Außer dem Vertreter aus NRW hatte niemand die Hand gehoben. Der Antrag war durchgefallen. Die Landesregierung in Düsseldorf hatte vorgeschlagen, die Verdienstgrenze für Minijobs anzuheben. Statt bei 450 Euro sollte die Grenze künftig bei 487 Euro liegen. Es wäre das erste Mal seit fünf Jahren, dass die Summe gestiegen wäre. Aber Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) und seine schwarzgelbe Koalition konnten sich nicht durchsetzen.
Im Bundestag gibt es für den Vorschlag nun eine zweite Chance. Die FDP hat einen Gesetzentwurf ins Parlament gebracht, der das gleiche Ziel hat. An diesem Montag findet im Sozialausschuss eine Anhörung dazu statt. Einziger Unterschied zum Vorschlag aus NRW: Die Grenze für Minijobs soll 2019 bei 551 Euro liegen. Dieser Wert soll weiter steigen – und zwar genauso wie der Mindestlohn. Der Vorstoß hat das Zeug dazu, einen neuen Streit in der Koalition zu entfachen. Denn bei der Union gibt es große Sympathien für die Pläne der FDP. Die SPD ist bislang dagegen.
Die Verbindung von Minijob und Mindestlohn ist kein Zufall. Je höher die gesetzliche Lohnuntergrenze steigt, desto weniger Stunden können Minijobber für 450 Euro im Monat arbeiten. Beim Start des Mindestlohns reichten die 8,50 Euro noch für 53 Stunden im Monat. Beim aktuellen Mindestlohn mit 8,84 Euro entspricht die MinijobSumme exakt 51 Stunden Arbeit. Ab 2019, wenn der Mindestlohn auf 9,19 Euro steigt, dürfen Minijobber nur noch 49 Stunden im Monat arbeiten. „Die Erhöhung der Minijobgrenze ist ein Gebot der Fairness“, begründet Pascal Kober, Sozial-Experte der FDP-Fraktion, den Vorschlag. Minijobber hätten nichts von steigenden Löhnen, denn sie müssen dann ihre Arbeitszeit reduzieren.
Die „geringfügige Beschäftigung“, wie Minijobs offiziell heißen, gibt es seit 40 Jahren. Zu Anfang mussten Arbeitnehmer und Arbeitgeber keine Sozialabgaben zahlen. Inzwischen werden für den Arbeitgeber pauschale Abgaben fällig, die aber deutlich geringer sind als bei voll sozialversicherungspflichtigen Jobs. Die Zahl der Minijobber ist konstant – sie liegt im gewerblichen Bereich derzeit bei 6,7 Millionen. In Privathaushalten arbeiten noch einmal 300.000. Der Arbeitsmarktexperte der Unions-Fraktion, Peter Weiß (CDU), wäre für eine Anhebung zu haben – allerdings unter einer Bedingung: Es müsse „einen verpflichtenden Beitrag aller Minijobber an die Rentenversicherung geben. Eine Befreiung von den Beiträgen darf dann nicht mehr möglich sein.“Damit die Minijob-Grenze auch tatsächlich steigt, kommt es in der Koalition auf die SPD an. Und die sperrt sich: „Der Vorschlag, die Einkommensgrenzen für Minijobs anzuheben, ist Murks und verfestigt den Niedriglohnsektor – das wollen wir nicht“, macht Fraktionsvize Katja Mast deutlich. „Minijob bedeutet Altersarmut und verschärft den Fachkräftemangel. Das kann niemand wollen.“Der Niedriglohnsektor solle nicht noch attraktiver werden. Auch Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) lässt ausrichten, er habe derzeit nicht vor, die Grenze zu ändern: „Eine weitere Anhebung ist derzeit nicht vorgesehen“, teilt ein Sprecher mit – und verweist darauf, dass eine feste Grenze ganz bewusst das bewirken soll, was die FDP kritisiert: Minijobs werden bei steigenden Löhnen weniger attraktiv.