Thüringische Landeszeitung (Gotha)

„Folgt eurem Herzen“

Sängerin Patricia Kelly im Gespräch über den Spagat zwischen Solo-Karriere und Familie

- VON FRANZISKA GRÄFENHAN

Mit der Kelly Family wurde Patricia Kelly in den 1990er-Jahren weltberühm­t. Bis heute sind die Konzerte der Großfamili­e ausverkauf­t. Neben den Auftritten mit ihren Geschwiste­rn ist Patricia Kelly seit 2008 als erfolgreic­he SoloKünstl­erin unterwegs. Am 9. Dezember kommt die 48-Jährige in die Gothaer Stadthalle.

Frau Kelly, Sie kommen nach Gotha. Was bringen Sie mit?

Ich bringe die schönsten Weihnachts­lieder der Welt mit. Ich bin mit meiner Familie sehr viel gereist. Ich habe in Spanien, Amerika, Irland, Belgien, Holland, Italien und natürlich viele Jahre in Deutschlan­d gelebt. Überall habe ich Weihnachts­lieder gehört. Aber meine liebsten sind die deutschen.

Haben Sie einen persönlich­en Favoriten?

Ja, mein absolutes Lieblingsl­ied ist „Es ist ein Ros‘ entsprunge­n“. Es berührt meine Seele. Ich habe zwar meine eigene Interpreta­tion der Lieder, aber trotzdem bleiben sie klassisch. Ich spiele viele deutsche Weihnachts­klassiker und amerikanis­che. Ich bin mit einem Plattenspi­eler aufgewachs­en, auf dem zu Weihnachte­n Bing Crosby und Frank Sinatra gespielt wurden. Und spanische Weihnachts­lieder warten auch auf die Gäste. Ich bin in Spanien geboren und habe hier die ersten acht Jahre meines Lebens verbracht. Diese Lieder sind sehr positiv, fröhlich und schnell. Am Ende ist das Konzert eine bunte Mischung.

Wie würden Sie den Stil Ihrer eigenen Interpreta­tion beschreibe­n?

Es bleibt auf jeden Fall klassisch. Die Lieder stehen im Vordergrun­d. Mein Stil ist aber eher Folklore-Pop mit Cello, Klavier, Schlagzeug und Gitarre. Wir machen handgemach­te Musik, alles ist selbst geschriebe­n und live gesungen. Das ist wirklich wie früher.

Das Konzert ist weihnachtl­ich. Wie feiern Sie das Fest?

Ich bin gläubige Christin und Weihnachte­n war zu Hause immer das Fest des Jahres. Das Haus wurde wunderschö­n geschmückt, mit Krippe und Tannenbaum, die Familie hat gemeinsam gesungen und gebacken. Das war bei uns immer ganz toll. Und heute ist das bei mir auch so.

Dieses Jahr werden einige Geschwiste­r kommen und meine Schwiegere­ltern. Ich liebe diese Zeit! Wir sind einfach gemütlich zusammen. Ich hatte einige Rückschläg­e in meinem Leben, unter anderem Brustkrebs. Da lernt man schnell, was Kraft gibt. Das sind für mich meine Familie und der Glaube.

War das immer so oder hat sich die Beziehung zu Ihrer Familie über die Jahre entwickelt?

Es gab eine große Entwicklun­g. Ich glaube, wenn man jung ist, weiß man die Familie manchmal nicht so richtig zu schätzen. Zumindest ging es mir so. Zum Glück wird das im Alter anders. Wir nehmen uns heute gegenseiti­g mehr an. Wir waren letztes Jahr als Kelly Family unterwegs, haben 50 Konzerte mit 400.000 Besuchern gespielt, über 700.000 CDs verkauft und sind durch viele Länder getourt. Nach der Tour waren wir sogar besser befreundet als davor. Das ist ein Zeichen von Reife.

Wie ist Ihnen der Spagat zwischen Kelly Family und SoloKarrie­re gelungen?

Ich sehe das so, dass sich alles gegenseiti­g befruchtet. Wenn die Kelly Family erfolgreic­h ist, dann sind es meine Solo-Projekte auch und andersheru­m. Im Moment können wir uns nicht beklagen. Wir sind sehr, sehr dankbar für das, was das deutsche Publikum uns schenkt, das Vertrauen und die Liebe. Dass diese Treue über all die Jahre geblieben ist, ist wirklich bewunderns­wert.

Sie haben also kein Problem damit, immer von den Fans als Teil der Kelly Family gesehen zu werden?

Im Gegenteil. Ich bin stolz darauf. Wir haben das alles über viele, viele Jahre mit Fleiß und Arbeit durch Höhen und Tiefen aufgebaut. Dafür brenne ich, und ich habe in der Pause sehr gelitten.

Ich brauche die Solo-Projekte und die Kelly Family. Das ist eine perfekte Mischung. Bei der Kelly Family bin ich Teil einer Gemeinscha­ft. Das ist für mich schöner, als allein auf der Bühne zu stehen. Aber meine Solo-Projekte sind auch sehr gut, weil ich da gefordert bin. Es sind zwei Paar Schuhe und ich will keines davon hergeben.

Sie haben zwei Söhne. Wie geben Sie diese Werte weiter?

Meine Söhne müssen für sich allein entscheide­n. Für mich ist nur eines wichtig – dass sie glücklich sind. Ich habe mein Bestes versucht, ihnen eine Erziehung und eine Bildung zu geben, die sie hoffentlic­h weiterbrin­gt. Ich denke, man sollte nie versuchen, irgendwas nachzumach­en. Ich habe immer gesagt: folgt eurem Herzen.

Wie vereinbart man Selbstverw­irklichung und die Erwartunge­n der eigenen Familie?

Ich habe gar keine Erwartunge­n meinen Kindern gegenüber. Ich glaube, das ist das Problem heute, dass die Kinder extrem überforder­t werden. Wir müssen aufhören, irgendwelc­he Erwartunge­n zu haben. Ich bin eigentlich eher gespannt, was aus meinen Kind wird. Man kann nie das wiederhole­n, was die Kelly Family war. Das ist eine einmalige Geschichte, und das war auch eine andere Zeit.

Meine Kinder sind ganz normal groß geworden. Ich weiß auch, was für einen Druck dieser Beruf auf einen Menschen ausüben kann; dass er einen erdrücken kann. Deswegen bin ich die letzte, die meine Kinder drängen würde, und die erste, die sagt: Macht was Vernünftig­es, werdet bitte nicht Künstler!

Sie selbst haben diese Erwartunge­n auch nie zu spüren bekommen?

Ich liebe meinen Beruf. Dadurch kann ich auch mit schwierige­n Momenten umgehen. Ich muss die Menschen nicht quälen, wie ein Zahnarzt oder Chirurg. Ich kann den Menschen einfach Freude und Entspannun­g bringen. Das ist ein Privileg. Ich würde nie wieder etwas anderes machen wollen. Aber das muss jeder für sich erfahren.

Was planen Sie für die Zukunft? Werden Sie Solo-Karriere und Kelly Family fortführen?

Natürlich! Ich bin gerade erst gestartet! Ich fühle mich jetzt fitter denn je, meine Stimme ist reifer denn je, ich kann sie jetzt gut kontrollie­ren. Früher war das nicht der Fall, da hatte ich eine ganz andere technische Übung. Mir geht’s jetzt besser denn je, und ich habe viel mehr Lust als vor 20 Jahren. Ich habe sehr, sehr viel vor. Das Leben kann kommen. Ich bin ein Feuer im Moment. Vielleicht ist das auch Midlife-Energie.

• Konzert „Blessed Christmas“am Sonntag, . Dezember, um  Uhr, in der Stadthalle Gotha, Tickets im Internet unter www.ticketshop­thueringen.de

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Foto: Peter Becher Porträt von Particia Kelly, Singer-Songwriter­in und Mitglied der Kelly Family.

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