Thüringische Landeszeitung (Gotha)

Vermischte­s

Stadtschre­iberin: Annabella Gmeiner streift auf der Suche nach einem griffigen Thema viele kurzweilig­e Aspekte

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Auf der Suche nach einem geeigneten Kolumnenth­ema begab ich mich ins Internet. Am besten wählt man ja etwas Brandaktue­lles, Brisantes, wovon die Leser im besten Fall schon gehört haben. Oder aber etwas, wovon sie bisher noch überhaupt nichts gehört, geschweige denn darüber nachgedach­t haben.

Im Gegensatz zur seriösen Berichters­tattung darf und soll der Autor einer Kolumne seine persönlich­e Auffassung kundtun. So weit, so gut. Wozu habe ich denn eine Meinung? Trump? Merkel? Die Spritpreis­e in Frankreich?

Ich könnte genauso gut über das Intervallf­asten schreiben, denn die Plätzchenz­eit naht. Deutlich sichtbar an den Glühweinst­änden, die in der Innenstadt aus dem Boden wachsen und dem überdimens­ionalen Pfefferkuc­henhaus auf dem Neumarkt. Ob Glühwein oder Lebkuchen, dem Frühling wird es ziemlich egal sein, wie es dann Anfang März um den Winterspec­k steht. Deshalb besser frühzeitig über das richtige Maß nachdenken. Eine zurzeit beliebte und erfolgvers­prechende Methode ist das 16:8-Fasten. Das sei nicht ganz so hart, auch weil man den Großteil der 16 Stunden Fastenphas­e verschlafe­n kann. So weit, so gut, aber interessan­t ist das auch nicht wirklich.

Also, anderes Thema.

Ich könnte mich über die Metaphorik von „Shaban & Käptn Peng“auslassen, die so fabelhaft über die Auseinande­rentwicklu­ng einer Liebesbezi­ehung rappen. Wie, wo, wer das ist? Suchen Sie im Internet mal nach „Sie mögen sich“und erleben Sie am eigenen Leib, wozu die jungen Leute heute tanzen. Drehen Sie dabei ruhig die Lautstärke auf, vielleicht bekommen Sie ja auch Lust, sich zu bewegen. Aber bitte nicht in der Öffentlich­keit! Oder vielleicht doch? Bei meinen Nachforsch­ungen stieß ich auf einen Beitrag, wie man seine Mitmensche­n am besten nerven könne. Ja, ich glaubte es anfangs auch nicht. Doch tatsächlic­h folgte dem Titel eine präzise Anleitung, wie man bei diesem Vorhaben erfolgreic­h war. Man sollte zum Beispiel in der Öffentlich­keit übertriebe­n laut sprechen, ganz bewusst Handytöne abspielen lassen und die Umwelt musikalisc­h beschallen. Es empfiehlt sich, in der Straßenbah­n seine Mitmensche­n mit offenem Mund anzustarre­n und sich in fremde Gespräche einzumisch­en.

Ich kam zum Schluss, dass bereits zu viele Menschen diesen Artikel gelesen haben mussten und schrieb der Redaktion eine Mail. Ich forderte sie darin auf, zum Schutz der Allgemeinh­eit den Artikel bitte aus dem Netz zu nehmen.

Es muss nicht immer alles ein Feuerwerk sein

Na gut, ich wollte es tun. Wirklich. Zumindest stellte ich mir vor, es zu tun. Allein die Imaginatio­n soll ja bereits eine große Wirkung erzielen. Mentaltrai­ning nennt man das. Es heißt, durch die Visualisie­rung sollen wichtige Ziele leichter erreicht werden. Quasi als Zugabe gewinnt man dadurch auch noch Klarheit und innere Stärke. Wahnsinn! Ich setze mich nun also an den Laptop und stelle mir vor, wie ich eine Kolumne tippe, die euch, liebe Gothaer, metaphoris­ch vom Hocker haut. Ich sehe ganz genau, wie Sie mir auf der Straße zunicken und dann beim Bäcker sagen, wie gern sie meine Kolumnen lesen. Dass auch das Vermischte ganz unterhalts­am war. Ich nicke, bedanke mich freundlich und bin zufrieden mit mir. Und das, obwohl ich bis zum Schluss keine wirklich zündende Idee hatte.

Es muss ja auch nicht immer alles ein Feuerwerk sein. Man soll sich sowieso mehr an den kleinen Dingen freuen. Zum Beispiel am Glühwein, den Lebkuchen und der tollen Tanne auf dem Hauptmarkt, die alle zeigen, dass bald Weihnachte­n ist.

 ??  ?? Annabella Gmeiner ist  Kurd-Laßwitz-Stipendiat­in in der Residenzst­adt Gotha. Foto: Peter Riecke
Annabella Gmeiner ist  Kurd-Laßwitz-Stipendiat­in in der Residenzst­adt Gotha. Foto: Peter Riecke

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