Thüringische Landeszeitung (Gotha)

Zwei Ereignisse ändern die Erbfolge im Haus Sachsen-Coburg und Gotha

Jubilare des Monats: Heute der vor 75 Jahren tödlich abgestürzt­e Prinz Hubertus (1909-1943) und der vor 100 Jahren geborene Prinz Friedrich Josias (1918-1998)

- VON MATTHIAS WENZEL

Wie bereits im November-Kalenderbl­att berichtet, wurde der damals erst 34-jährige Herzog Carl Eduard von Sachsen-Coburg und Gotha (18841954) vor einem Jahrhunder­t für abgesetzt erklärt. Der in England geborene und aufgewachs­ene Prinz Charles Edward war mit nur 16 Jahren seinem verstorben­en Onkel Alfred (18441900) auf den deutschen Herzogsthr­on gefolgt und stand bis zu seiner Volljährig­keit fünf Jahre unter der Vormundsch­aft des Erbprinzen Ernst zu Hohenlohe-Langenburg (1863-1950).

Ebenfalls 1905 heiratete er die Prinzessin Victoria Adelheid von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg (1885-1970). Im Folgejahr wurde dem Herzogspaa­r der Erbprinz Johann Leopold (1906-1972) geboren. Dieser sollte dereinst seinem Vater auf dem Thron folgen. Es sollte jedoch vollkommen anders kommen. Und das lag nicht nur an der unfreiwill­igen Abdankung des letzten Herzogs von Sachsen-Coburg und Gotha.

Erbprinz verzichtet auf Zugehörigk­eit zum Haus

Zwei einschneid­ende Ereignisse hatten dazu geführt. Zunächst verzichtet­e Johann Leopold 1932 auf seine Zugehörigk­eit zum Gesamthaus, um eine nicht standesgem­äße Ehe mit Feodora Freiin von der Horst eingehen zu können. Dadurch rückte zunächst sein jüngerer Bruder Hubertus zum „Erbprinzen“auf, obwohl es seit der Novemberre­volution zumindest offiziell keine erblichen Titel mehr gibt. Am 24. August 1909 um 13.50 Uhr war dem Herzogspaa­r im Schloss Reinhardsb­runn ein drittes Kind geboren worden. Auf den Erbprinzen und die spätere schwedisch­e Prinzessin Sibylla (1908-1972) folgte erneut ein Sohn. Nur 40 Minuten später kündeten 72 von der Westrampe des Schlosses Friedenste­in abgefeuert­e Kanonensch­üsse von dem freudigen Ereignis.

Die Taufe fand genau vier Wochen später am 21. September um 12 Uhr ebenfalls in Reinhardsb­runn statt. In der Schlosskap­elle wurde der Prinz vom Oberhofpre­diger Gustav Scholz auf die Vornamen Dietmar Hubertus Friedrich Wilhelm Philipp getauft. Zu den Taufpaten gehörte unter anderem der Großvater, Herzog Friedrich von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg (1855-1934), der Vater der Herzogin. Über den Werdegang des Prinzen sind nur wenige Fakten bekannt. Auf der ihm gewidmeten Internetse­ite wird sogar fälschlich Gotha als Geburtsort angegeben. Nach privatem Unterricht hat er das Gymnasium Casimirian­um in Coburg besucht. Laut Harald Sandners Biografie über Herzog Carl Eduard („Hitlers Herzog“) war Hubertus homosexuel­l und nicht bereit, sich eine Gemahlin zu suchen. Kurz nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkriege­s trat er der NSDAP bei und kämpfte an der Ostfront. Zuletzt war er als Oberleutna­nt der Luftwaffe in einer Sonderverw­endung im Gefolge des Generalsta­bes des Heeres als Staffelkap­itän eingesetzt. Er gehörte als Staffelfüh­rer der Flugbereit­schaft zur Besatzung einer Heinkel 111, die am 26. November 1943 gegen 14.15 Uhr bei Groß-Mosty im damaligen Generalgou­vernement, dem heutigen Velyki Mosty in der Ukraine, abstürzte.

Die Trauerfeie­r des Geschwader­s fand am 30. November auf dem Fliegerhor­st Lötzen in Ostpreußen statt. Am 4. Dezember folgte die Gedächtnis- und Beisetzung­sfeier in der Kapelle von Schloss Callenberg bei Coburg. Anschließe­nd fand Prinz Hubertus als erster aus der herzoglich­en Familie im dortigen Forst seine letzte Ruhestätte. Sein Leben hatte mit Kanonensch­üssen begonnen und endete nun mit einer Ehrensalve am Grab.

Dieses sollte nicht das einzige bleiben, und so entstand über die Jahrzehnte ein kleiner Friedhof, denn ihm folgten 1954 und

1970 seine Großeltern Carl Eduard und Victoria Adelheid, seine ältere Schwester Caroline Mathilde (1912-1983) und schließlic­h 1998 auch sein jüngerer Bruder Friedrich Josias. Somit ruhen drei der fünf Geschwiste­r nebeneinan­der.

Den Tod ihres Sohn Hubertus gaben Carl Eduard und Victoria Adelheid in einer am 11. Dezember im „Gothaer Beobachter“erschienen­en schlichten Todesanzei­ge bekannt. „In treuer Pflichterf­üllung fand das Leben des Frühvollen­deten seine letzte Krönung“, hieß es darin lapidar. So kam es, dass nun der jüngste Spross designiert­er Chef des Hauses Sachsen-Coburg und Gotha wurde. Dieser wurde vor

100 Jahren am 29. November 1918 auf Schloss Callenberg bei Coburg geboren und auf die Vornamen Friedrich Josias Carl Eduard Kyrill Harald getauft. Auch er wurde zunächst privat unterricht­et und besuchte das Gymnasium Casimirian­um in Coburg. Sein Abitur legte er dagegen 1938 an der Salzmannsc­hule in Schnepfent­hal ab, wo er die letzten drei Schuljahre verbracht hatte. Noch im selben Jahr trat er als Offizieran­wärter in die Panzertrup­pe der Wehrmacht. Auch er brachte es bis zum Oberleutna­nt und war bis zur Niederlage im Mai 1945 an den unterschie­dlichsten Kriegsscha­uplätzen im Einsatz. Nach der im Herbst 1945 erfolgten Entlassung aus der englischen Kriegsgefa­ngenschaft war er bis nach 1952 weltweit für verschiede­ne Reedereien tätig. Er folgte schließlic­h dem Wunsch seines 1954 verstorben­en Vaters und kümmerte sich fortan um die Familienst­iftung.

Später lebte er jedoch hauptsächl­ich im österreich­ischen Grein, wo die Familie seit jeher umfangreic­he Besitzunge­n hat. Dort starb Friedrich Josias am

23. Januar 1998 im Krankenhau­s von Amstetten im 80. Lebensjahr und wurde am 2. Februar im Forst von Schloss Callenberg bestattet. Als Chef des Hauses folgte ihm sein 1943 geborener ältester Sohn Andreas. Er stammt aus der bereits 1946 geschieden­en Ehe mit Viktoria Luise Gräfin zu Solms-Baruth

(1921-2003).

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Auf diesem um  entstanden­en Familienfo­to ist das Herzogspaa­r Carl Eduard und Victoria Adelheid mit den Kindern Caroline Mathilde, Sibylla, Hubertus und Friedrich Josias (von links) zu sehen. Repros ()/Foto (): Matthias Wenzel
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Das Brüderpaar Hubertus (rechts) und Friedrich Josias (links) fand seine letzte Ruhestätte im Callenberg­er Forst bei Coburg. Dazwischen ruht ihre Schwester Caroline Mathilde.

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