Thüringische Landeszeitung (Gotha)
Drechsler wehrt sich mit Unterlassungserklärung
Chef der Stasi-Unterlagenbehörde darf nicht mehr behaupten, die ehemalige Leichtathletin sei ein Spitzel gewesen
Die zweimalige Weitsprung-Olympiasiegerin Heike Drechsler aus Gera hat im Kampf gegen Stasi-Vorwürfe einen weiteren Sieg errungen. Die 53-Jährige setzte nach Angaben ihres Anwalts eine Unterlassungserklärung gegen Roland Jahn durch, den Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der DDR (BStU). Dieser hatte am 24. Oktober im ARD-Mittagsmagazin behauptet, Drechsler seien Akten zugeordnet worden, die sie als inoffizielle Mitarbeiterin (IM) ausweisen würden. Nach einer Erklärung von Drechslers Anwalt hat sich die Behörde verpflichtet, das künftig nicht mehr zu behaupten und die damalige Aussage richtigzustellen. Der BStU will nach eigenen Angaben eine solche Äußerung auch nicht mehr tätigen und kündigte eine klarstellende Erklärung Jahns gegenüber der ARD an: „Nach Aktenlage wurde Heike Drechsler vom MfS nicht als inoffizielle Mitarbeiterin geführt. In den Akten ist ein sogenannter IM-Vorlauf der Bezirksverwaltung Gera zu Frau Drechsler überliefert, in dem mehrere Kontaktgespräche dokumentiert sind. Es gibt in den Unterlagen keine schriftliche Verpflichtungserklärung und keine eigenhändigen Berichte von Frau Drechsler.“Gleichzeitig betonte die Behörde aber auch: „Gesondert zu betrachten ist die Frage der Einstufung von Unterlagen nach dem StasiUnterlagen-Gesetz.“
Der Stasi-Forscher Helmut Müller-Enbergs hatte die ExLeichtathletin von Stasi-Vorwürfen entlastet. „Frau Heike Drechsler war zu keinem Zeitpunkt (...) als IM ‚Jump‘ beim MfS erfasst gewesen“, sagte Müller-Enbergs im Oktober. Der Wissenschaftler hat im Auftrag der Thüringerin ein Gutachten zum Fall Drechsler verfasst. Er arbeitete nach der Wende als stellvertretender Fachbereichsleiter in der Forschungs- und Medien-Abteilung der StasiUnterlagen-Behörde.
„Das Ergebnis bedeutet, dass ich recht hatte, dass ich nie IM gewesen bin. Dafür gibt es jetzt eine wissenschaftliche Grundlage“, sagte Drechsler, nachdem sie die Aufarbeitung ihrer DDRVergangenheit in den vergangenen zwei Jahren selbst vorangetrieben hat. „Ich will einfach, dass das rauskommt aus meinem Lebenslauf.“
Öffentliche Anschuldigungen, Drechsler habe der Stasi zugearbeitet und Kollegen bespitzelt, hat es immer wieder gegeben. Drechsler war einst ein Aushängeschild des DDR-Sports, SEDMitglied und Volkskammer-Abgeordnete. Die heute in Berlin lebende Thüringerin war zweimal Weltmeisterin und fünfmal Europameisterin. Sie hatte angekündigt, rechtlich dagegen vorzugehen, wenn jemand behaupte, sie wäre IM gewesen. (dpa)