Thüringische Landeszeitung (Gotha)
Fenster als Sicherheitslücke
Wann wurde im Haus das letzte Mal länger gelüftet, ohne dass jemand im Raum war? Für einen Einbrecher auf Erkundungstour die perfekte Gelegenheit. Nachzurüsten lohnt sich
er beliebteste Einstiegsweg ins Haus für Einbrecher sind – die Fenster. Über 80 Prozent der Täter hebeln Fenster oder Terrassentüren auf, warnt die Initiative für aktiven Einbruchschutz „Nicht bei mir!“. Das passiert in Minutenschnelle und fällt in der Nachbarschaft kaum auf. Der größte Teil der Diebe sind Gelegenheitsverbrecher. Sie erkennen eine Möglichkeit, schnell einzusteigen und verschwinden dann auch rasch wieder. Kommen zu offenen oder gekippten Fenstern noch unfreiwillige Aufstiegshilfen wie Mülltonnen oder Leitern, ist das für Langfinger die perfekte Einladung. Daher lautet der wichtigste Sicherheitstipp von Harald Schmidt, Geschäftsführer der Polizeilichen Kriminalprävention in Stuttgart, auch: „Verschließen Sie Fenster, Balkon- und Terrassentüren, auch wenn Sie nur kurz weggehen. Aber schließen Sie tagsüber nicht die Rollläden, denn das signalisiert den Dieben geradezu, dass niemand im Haus ist.“
Sicherheitstechnik ist ein Muss
Aber ebenso wichtig wie diese Verhaltensregeln ist die technische Sicherung. „Die üblichen Fensterkonstruktionen bieten keinen Schutz“, stellt Kriminaloberrat Schmidt klar. „Sie lassen sich mit einfachen Werkzeugen öffnen.“Daher kommen im Neubau heute oftmals schon direkt einbruchhemmende Fenster und Fenstertüren zum Einsatz. Sie lassen sich aber auch nachrüsten. Einbruchhemmende Fenster werden in sieben Widerstandsklassen von „RC 1 N“bis „RC 6“eingeteilt, wobei letztere die höchste ist. „Einbruchhemmende Fenster werden in allen gängigen Materialien wie Holz, Kunststoff oder Metall angeboten“, sagt Ulrich Tschorn, Geschäftsführer des Verbandes Fenster + Fassade in Frankfurt. „Es kommt auf das Zusammenspiel verschiedener Komponenten an, damit sie auch wirklich gut schützen.“Das heißt: Die Befestigung der Scheibe im Fensterflügel, die Beschläge und die Schließeinrichtung müssen allesamt sicher sein. Dazu kommt die Montage des Fensters im Mauerwerk. Auch sie muss nach den Vorgaben des Herstellers für die jeweilige RC-Stufe erfolgen.
Einbruchprüfung sichert Qualität
Schmidt erklärt, dass als einbruchhemmend verkaufte Fenster einer praxisgerechten Einbruchprüfung unterzogen werden. So soll sichergestellt werden, dass es in der Gesamtkonstruktion von Rahmen, Beschlag und Verglasung keine Schwachpunkte gibt.
Solche Fenster haben zum Beispiel zusätzlich mehrere Pilzkopfzapfen am innenliegenden Beschlag, die für den Fachmann überhaupt erst eine wirksame Einbruchhemmung ausmachen. Sie sind rundum am Rahmen angeordnet und haben eine T-Form. So können sie beim Schließen in mit dem Rahmen verschraubte Stahlschließbleche greifen und sich festkrallen.
Eine Nachrüstung von einbruchhemmender Technik ist auch bei älteren Fenstern möglich, so die Initiative K-Einbruch. Zum Beispiel lässt sich der übliche Einhand-Drehkippbeschlag zum Öffnen der Fenster häufig um Sicherheitselemente erweitern oder gegen ein einbruchhemmendes Modell austauschen. Auch zusätzliche Verriegelungen können dafür sorgen, dass das Fenster länger Einbruchsversuchen standhält.
Der Hausbesitzer muss seinen Alltag auch nicht unbedingt verändern, um Einbrechern Chancen zu rauben: Will man
n Uneingeschränkt für den
empfehlenswert sind aus Expertensicht Fenster ab Klasse RC 2.
Privatgebrauch
n Gleichwertig sind Fenster, die nach der bis September 2011 gültigen
geprüft wurden, der DIN V ENV 1627.
Vornorm
Fenster weiterhin häufig gekippt offen lassen, können Gitter nachgerüstet werden, am besten auch mit mindestens Widerstandsklasse RC 2. Für Kellerfenster sind feststehende Gitter, abschließbare Fenstergitter oder eine vorgelegte Riegelstange gute Lösungen.
Das Nachrüsten kostet zwar Geld, und mancher kann es sich nur schrittweise leisten. Allerdings ist es sinnvoll, alle Fenster und Fenstertüren im Haus gleichermaßen gut abzusichern. Denn Einbrecher haben ein gutes Auge dafür, wenn irgendwo eine Sicherheitslücke klafft.
Einbau vom Fachmann empfohlen
Damit die eingebauten Sicherungen ihre volle Wirkung entfalten können, sollten sie vom Fachmann eingebaut werden. Die polizeilichen Beratungsstellen bieten Adressennachweise von Fachfirmen an, die sich verpflichtet haben, Sicherungstechnik entsprechend der polizeilichen Empfehlungspraxis nachzurüsten. Die Liste für Nordrhein-Westfalen findet man im Internet unter den Stichworten „Adressennachweis Mechanische Sicherungseinrichtungen NRW“bei allen gängigen Suchmaschine.