Thüringische Landeszeitung (Gotha)
Das Klopapier der Weltgeschichte
Bekanntlich wurde Alexander der Große durch den Gordischen Knoten weltberühmt und Christoph Columbus durch seine Fertigkeit, ein Ei auf die Spitze zu stellen. Das Hühnerprodukt und das Kunststück der Knüpftechnik gingen dabei zu Bruch, was man als Dumme-Jungen-Streich abtun könnte. Jedoch die beiden hatten Bedeutenderes vor, und sie waren in Eile: Sie wollten nach Indien – der eine mit seinen Schiffen übers Meer, der andere mit seinen Kriegselefanten über die Alpen. Spätere Hofschreiber fanden das dann spannend und überformten die Anekdoten aus dem Leben zweier Lausebengel mit tieferem Sinn & höherer Bedeutung. Aus Abenteurertum wurde Forscherdrang, aus Eroberungslust unbändiger Entdeckereifer. Einen kunstvollen Knoten mit dem Schwert zu zerschlagen, statt mühsam aufzunesteln, oder ein Ei derb auf die Tischplatte zu hauen, galt fortan als empfehlenswerte Fingerübung für erfolgreiche Heer- und Schiffsführer.
Unter heutigen Staatenlenkern fallen nur wenige mit dieser Qualifikation auf. George W. Bush etwa, wie er sich auf einem G8-Gipfel Weißbier ins Glas füllt und gelassen zusieht, wie das Gebräu über den Konferenztisch quillt. Und war das nicht auf dem gleichen Gipfel, als Silvio Berlusconi hinter einer Säule des Wandelganges hervorsprang, um Angela Merkel mit einem launigen „Kuckuck“zu necken? Gerhard Schröder bekleckerte sich auf seinem Hochwasserbesuch in Sachsen beim volkstümlichen Bratwurstessen den Schlips mit Senf und orderte eine Flasche Bier: „Sonst streik‘ ich hier“. Ein schier unerschöpflicher Quell solch heiterer Anekdoten ist vor allem Donald Trump. Allein die Nummer mit dem Klopapier am Schuh auf der Rolltreppe zum Präsidentenflugzeug ist immer wieder sehenswert. Sie wird nur noch von seinem Kampf mit dem Regenschirm getoppt. Mag sein, dass man das für Bubenstreiche und Randglossen der Weltgeschichte halten kann. Aber wer weiß, vielleicht überformen uns Historiker und Chronisten diese Geschichten bald ganz anders. Dass Bush zum Beispiel geübt habe, dem Überquellen der Lügen über seinen Irak-Krieg stoisch zuzusehen. Und Berlusconi habe Angela Merkel nur abhärten wollen für die Begegnung mit Putins Hund im Kreml. Oder später mit Seehofer. Gerhard Schröder dagegen fand seinen Barden schnell: Stefan Raab besang die Szene sogleich mit „Hol mir mal ne‘ Flasche Bier...“, dem letzten Hit der SPD. Und was ist mit Trump? Was wohl? Auch die Weltgeschichte muss sich zuweilen den Allerwertesten putzen. Er hat ihr schon mal das Klopapier gebracht.