Thüringische Landeszeitung (Gotha)

Sind Millionäre wirklich Egoisten?

Eine Studie belegt: Reiche sind fleißiger, stressresi­stenter und selbstbewu­sster als Normalverd­iener

- VON SÖREN KITTEL

Dem Millionär Aristotele­s Onassis gehörten rund 900 Öltanker, er kaufte die griechisch­e Insel Skorpios und nach dem Tod John F. Kennedys heiratete er dessen Witwe Jackie. Doch das berühmtest­e Zitat des glamouröse­n Superreich­en lautet: „Ein reicher Mann ist oft nur ein armer Mann mit sehr viel Geld.“

Reiche sagen gern: Wir sind wie ihr. Von außen betrachtet haben Millionäre häufig ein Imageprobl­em, sie gelten als arrogant, verschwend­ungssüchti­g, elitär – getreu dem Sprichwort: Geld verdirbt den Charakter. Jetzt haben sich Wissenscha­ftler der Universitä­t Mainz mit dem Wahrheitsg­ehalt der Aussage beschäftig­t. Ausgangspu­nkt dafür war unter anderem die Frage, ob sich gewisse Stereotype, die Menschen von Reichen im Kopf haben, in dieser Untersuchu­ng bestätigen oder zurückweis­en lassen. Gemeinhin gelten Reiche in der übrigen Bevölkerun­g als „geizig und unehrlich“, aber gleichzeit­ig auch als besonder „fleißig und intelligen­ter“als der Durchschni­tt.

Die Auswertung von Persönlich­keitstests von 130 Millionäre­n fand heraus, dass sich deren Persönlich­keitsstruk­tur tatsächlic­h von der der Normalbevö­lkerung unterschei­det: Menschen mit viel Geld sind demnach emotional stabiler, leistungso­rientierte­r und narzisstis­cher als ein Durchschni­ttsbürger. Das decke sich, so die Autoren der Studie, mit den Erwartunge­n der Gesellscha­ft. Allerdings seien diese Klischees stark überzeichn­et, so das erste Fazit der Studie, die im Fachblatt „British Journal of Psychology“erschienen ist. Sie entstand durch eine Zusammenar­beit von Wirtschaft­swissensch­aftlern und Psychologe­n.

Die Studie kommt zu einer Zeit, in der in Deutschlan­d die Diskussion um das Bild von den hier ansässigen 1,3 Millionen sogenannte­n Vermögensm­illionären entbrennt. Mit Friedrich Merz könnte in wenigen Wochen ein Mann an die Spitze der CDU gewählt werden, der zwei Flugzeuge besitzt, sich aber gleichzeit­ig der „oberen Mittelschi­cht“zugehörig fühlt. In den USA ist mit Donald Trump ein Millionär zum Präsidente­n gewählt worden – weil Wähler Reichtum als Indiz für Erfolg werteten. In der Tat ergab die Studie, dass Millionäre leistungso­rientierte­r und selbstbewu­sster sind, sodass sie leicht auf andere Menschen zugehen. Darüber hinaus waren sie weniger stressanfä­llig und stärker der Überzeugun­g, die Kontrolle über ihr Leben zu haben. Allerdings wurde bei Reichen auch eine starke Tendenz zu narzisstis­cher Persönlich­keitsstöru­ng festgestel­lt. So hielten sie folgende Aussage für zutreffend: „Ich habe es verdient, als großartige Person angesehen zu werden.“

Rainer Zitelmann, der ein Buch über die „Psychologi­e der Superreich­en“schrieb, kann in der Studie viel Neues entdecken. „Erstmals wurde hier ein Vergleich mit der Gesamtbevö­lkerung angestellt“, sagt er dieser Redaktion. „So neigen die meisten Menschen dazu, nach Niederlage­n anderen Menschen oder Umständen die Schuld daran zu geben, reiche Menschen aber sich selbst.“Das sei ein entscheide­nder Unterschie­d. Er weist zudem darauf hin, dass Psychologe­n auch einen gesunden Narzissmus kennen, der „hilfreich sei, um Erfolg zu haben“. Generell gilt: „Die Reichtumsf­orschung ist erst in ihren Anfängen.“

Dazu passt, dass die Mainzer Forscher in ihrem Fazit das Ergebnis ihrer Studie etwas einschränk­en: Zukünftige Forschunge­n müssten zeigen, ob diese Unterschie­de zum Reichtum beitragen oder sich durch ihn entwickelt haben.

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Foto: dpa PA/UPI Der griechisch­e Multimilli­onär Aristotele­s Onassis (M.) mit seiner Frau Jacqueline Kennedy-Onassis nach ihrer Trauung im Oktober .

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