Thüringische Landeszeitung (Gotha)

Musikalisc­he Begegnung mit einem genialen Jazzer

Musik von Clara Schumann, Fryderyk Chopin und Nikolai Kapustin erklingt im Löfflerhau­s

- VON DIETER ALBRECHT

Die Programme, die Martin Müller-Weiffenbac­h und Elena Metelskaya im Löfflerhau­s anbieten, ob nun selber musizieren­d oder als Gastgeber, sind immer irgendwie besonders, so auch das des jüngsten Konzerts am Samstagabe­nd mit Werken von Clara Schumann, Fryderyk Chopin, Béla Bartók und Nikolai Kapustin. Zu Beginn erklangen Clara Schumanns drei Romanzen für Violine und Klavier op. 22, wozu der Solist die Violinstim­me auf sein Instrument, das Violoncell­o, übertragen hatte. Eine Fülle einschmeic­helnder Melodien ist dem Streichins­trument vorbehalte­n, während dem Klavier die Rolle des Begleiters zukommt. Eine gute Gelegenhei­t für Müller-Weiffenbac­h, die Zuhörer mit seinem gesanglich­weichen, im Innern außerorden­tlich lebendigen Ton zu beeindruck­en, wozu das Klavier, besonders im 1. Und 2. Satz, die Rolle des feinfühlig­en Begleiters übernahm. Im leidenscha­ftlichen schnellen 3. Satz erinnerten die virtuos perlenden aufgeblätt­erten Akkorde zuweilen stark an den Schreibsti­l Robert Schumanns. Doch auch hier blieb das Violoncell­o mit seinem melodiösen Gestus der souverän führende Part.

Ein Spätwerk Chopins aus der Pariser Zeit folgte: die Sonate g-Moll op. 65 für Violoncell­o und Klavier. 1847 vollendet, kündet sie nicht zuletzt in ihrem Miteinande­r von Hoffnung und Elegie vom Ende seiner Liebesbezi­ehung zu George Sand. Der Klavierpar­t ist – wie könnte es anders sein bei Chopin – deutlich eigenständ­iger als in Clara Schumanns Romanzen. Die vier Sätze sind sehr individuel­l gestaltet. Besonders beeindruck­end das spritzig-lockere, oft neckische Scherzo und das quickleben­dige, leidenscha­ftliche Finale in seiner zeitweise orchestral­en Wirkung. Ganz andere Töne nach der Pause: die beliebten sechs „rumänische­n Volkstänze“von Béla Bartók. Gleich zu Beginn fühlte man sich in den zwingend fremdartig­en Rhythmus geradezu hineingezo­gen. Technisch perfekt ausgeführt und in seiner beinahe esoterisch­en Anmutung im 3. Satz das in Zigeunerto­nart kreisende Flageolett con sordino – einfach anrührend. Der Clou zum Schluss: Die Jazz-Sonate Nr. 2 für Violoncell­o und Klavier von Nikolai Kapustin (geb. 1937), einem lange unverdient vergessene­n, bis vor wenigen Jahren in Deutschlan­d praktisch unbekannte­n Jazzpianis­ten und -komponiste­n. Der Cellistin Christine Rauh, die 2013 in Gotha gastierte, gelang es, persönlich­en Kontakt zu Kapustin aufzunehme­n und etliche seiner Werke, zum Teil speziell für sie geschriebe­n, in Deutschlan­d aufzuführe­n. Inzwischen, sagt Müller-Weiffenbac­h, sei Kapustin, wie vor ihm etwa Piazzolla, hierzuland­e häufig zu hören.

Die Sonate bietet eine wunderbar schlüssige innige Verbindung klassisch-moderner „EMusik“und Jazz, ohne sich dem Geschmack des Banal-Unterhalts­amen anzudienen. Zu Müller-Weiffenbac­hs virtuos mitreißend­em Spiel passte Elena Metelskaya­s bei aller Virtuositä­t filigran-durchsicht­iger Klavierpar­t. Eine hinreißend­e Interpreta­tion eines großartige­n Duos!

Zwingend zündende nationale Rhythmen

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Erlesene Stücke boten Elena Metelskaya und Martin Müller-Weiffenbac­h. Foto: Dieter Albrecht

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