Thüringische Landeszeitung (Gotha)

Reduzierun­g der Zahl der Landkreise vom Tisch

Ministerpr­äsident Ramelow setzt auf Kooperatio­n. Linke wählt ihn zum Spitzenkan­didaten

- VON ELMAR OTTO

Arnstadt. Die Reduzierun­g der Zahl der Landkreise in Thüringen ist für Ministerpr­äsident Bodo Ramelow (Linke) vom Tisch. „Ich bin mittlerwei­le zutiefst davon überzeugt, dass die formale Fragen der Zahl keine Rolle mehr spielt“, sagte Ramelow im Gespräch mit dieser Zeitung Er könne sich vorstellen, dass beispielsw­eise drei Landkreise zusammen eine Aufgabe erledigen. „Ich bin dafür einen kooperativ­en Prozess mit der Familie der Landkreise einzugehen“, betonte er.

Aus Sicht des Regierungs­chef geht es darum, „ob alle in derselben elektronis­chen Architektu­r arbeiten“. Dafür müssten jetzt die Voraussetz­ungen geschaffen werden. Die Digitalisi­erung biete hier Chancen. Aber es werde perspektiv­isch einen Zwang zur Zusammenar­beit auf kommunaler Ebene geben, weil es immer schwierige­r werde, geeignetes Personal zu finden. Die rot-rot-grüne Landesregi­erung war mit der Landkreisr­eform, einem Kernprojek­t in der Legislatur, gescheiter­t.

Beim Linke-Parteitag in Arnstadt wurde Ramelow am Samstag erwartungs­gemäß auf Platz eins der Landtagska­ndidatenli­ste gewählt.

Arnstadt. Bodo Ramelow steht auf einer Bühne mit sehr rotem Hintergrun­d, in der Hand einen Blumenstra­uß. Er lächelt und hat allen Grund glücklich auszusehen. Soeben ist er beim Parteitag der Linken in Arnstadt mit 97,4 Prozent auf Platz eins der Kandidaten­liste für die Landtagswa­hl gewählt worden. Damit ist der Ministerpr­äsident jetzt ganz offiziell erneut Spitzenkan­didat und hat sogar ein noch besseres Ergebnis eingefahre­n als vor fünf Jahren, als er 93,2 Prozent der Stimmen erhielt. „Es ist ein schönes Gefühle“, gesteht der 63-Jährige.

Sein Ziel ist es, das Bündnis mit SPD und Grünen fortzusetz­en, das in den aktuellen Umfragen keine Mehrheit mehr hat. „Gestalten wir Thüringen weiter sozial, demokratis­ch und ökologisch und überlassen wir unser Land nicht den Hetzern und Schreihäls­en“, schwört Ramelow seine Genossen schon mal auf den Wahlkampf ein.

Der Listenpart­eitag hat erst um 16 Uhr begonnen, weil am Samstag der Landtag auch zum Tag der offenen Tür geladen hatte. Aus diesem Grund werden zunächst nur die ersten zehn Plätze gewählt. Über die übrigen Kandidaten wird Sonntag ab 9 Uhr abgestimmt.

Aber obwohl es Kritik am Vorschlag der Parteispit­ze für die ersten 20 Plätze gab, bleibt es harmonisch. Anders als 2014, als es auf vorderen Plätzen zu Kampfkandi­daturen kommt, wird offener Streit vermieden. Möglicherw­eise hat der Appell von Partei- und Fraktionsc­hefin Susanne Hennig-Wellsow gewirkt. Sie bittet um „den nötigen Respekt für alle, die jetzt auf der Liste stehen“. Der Vorschlag sei fachlich und regional ausgewogen. Der Nachwuchs werde berücksich­tigt: Fünf Bewerber sind unter 35. Hennig-Wellsow landet kurz darauf auf dem zweiten Platz, Sozialmini­sterin Heike Werner kommt auf Rang drei. Dann stichelt die Vorsitzend­e ein wenig gegen den Koalitions­partner. „Wer kennt Georg Maier?“, fragt sie in den Saal. Der ist bekanntlic­h Innenminis­ter. Aber Hennig-Wellsow ist überzeugt, dass Steffen Dittes die eigentlich­e Instanz auf diesem Politikfel­d ist. Dittes landet auf Platz vier. Als weiteres Kabinettsm­itglied schafft es Bauministe­rin Birgit Keller auf Platz sieben. Schließlic­h winken die gut 110 Landesvert­reter die komplette 20er-Liste ohne Einwände durch. Ein bisschen Stimmung bringt die Linke-Bundesvors­itzende Katja Kipping in die Stadthalle. „Wir müssen mehr Bodo Ramelow wagen“, fordert sie und erntet Applaus. Im Freistaat gebe es nur zwei Möglichkei­ten: Entweder Rot-Rot-Grün oder eine Regierung mit AfD-Beteiligun­g.

Am Sonntag wird ab Platz 21 noch um die verblieben­en aussichtsr­eichen Plätze gekämpft. Momentan hat die Linke 28 Landtagsma­ndate. Nach der Wahl am 27. Oktober hofft die Partei auf eine ähnliche Größenordn­ung. Die nicht berücksich­tigten Abgeordnet­en Johanna Scheringer-Wright, Steffen Harzer, Sabine Berninger und Rainer Kräuter treten teilweise sogar mehrfach an, schaffen es jedoch nicht unter die Top 28. Von den übergangen­en Parlamenta­riern setzen sich lediglich der Sprecher für Kommunalfi­nanzen, Ralf Kalich (Platz 22), und die Justizexpe­rtin Iris Martin-Gehl (Platz 27) durch. Die 25-jährige Lena Saniye Güngör aus Jena, die sich nicht selbst beworben hat, aber vorgeschla­gen wird, landet zur eigenen Überraschu­ng auf Platz 25. Am Ende kommt es auch zu Enttäuschu­ngen. Der Ministerpr­äsident indes rät schon im Vorfeld der Listenwahl zu mehr Gelassenhe­it: „Es ist doch keine Majestätsb­eleidigung, wenn mehr als einer kandidiert. Das ist Demokratie.“

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FOTO: SASCHA FROMM Katja Kipping, Bundesvors­itzende der Linksparte­i (rechts), und die Thüringer Fraktionsv­orsitzende Susanne Hennig-Wellsow gratuliere­n Ministerpr­äsident Bodo Ramelow.

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