Thüringische Landeszeitung (Gotha)

Schwarzes Gold

Erdöl ist der wohl wichtigste Rohstoff der Welt. Wir gewinnen aus ihm Kraftstoff­e. Damit das funktionie­rt, muss er verarbeite­t werden – in einer Raffinerie

- Von Stefanie Paul

Rohre! So weit man gucken kann. Sie laufen Hunderte Meter geradeaus, machen einen Knick nach rechts, nach links und verschwind­en zwischen Hallen, Tanks und gewaltigen Schornstei­nen. „So eine Raffinerie ist wie eine kleine Stadt“, sagt Constantin von Hoensbroec­h. Er arbeitet für die Rheinland-Raffinerie. Diese befindet sich in Wesseling, einer Stadt im Bundesland Nordrhein-Westfalen. In dieser Raffinerie wird Erdöl verarbeite­t. Aus dem schwarzen zähflüssig­en Stoff werden zum Beispiel Diesel und Benzin hergestell­t. Also Kraftstoff­e, mit denen viele unserer Autos angetriebe­n werden. Um die Raffinerie zu besichtige­n, muss man mit dem Auto herumfahre­n. Denn die Anlage ist riesengroß. Auch wegen der Sicherheit darf hier nicht jeder einfach so herumlaufe­n. Denn auf dem Gelände wird mit Stoffen gearbeitet, die sich leicht entzünden könnten. Daher tragen die Arbeiter auch immer feuerfeste Kleidung. Während der Fahrt erzählt der Experte mehr über die Raffinerie. Zum Beispiel kommt das Erdöl zu einem großen Teil über eine unterirdis­che Leitung. Diese führt von einem großen Hafen in Rotterdam in den Niederland­en nach Wesseling. Außerdem transporti­eren Schiffe Öl auf dem Rhein zum eigenen Hafen der Raffinerie. Mitten auf dem Gelände steht ein großer Turm. Er ist mit etwa 70 Metern so hoch wie ein Haus mit etwa 20 Stockwerke­n. Der Turm ist das Herz der Raffinerie: Er ist eine sogenannte Destillati­ons-Kolonne. „Darin wird das Erdöl verdampft und in seine wichtigste­n Einzelteil­e zerlegt“, erklärt Constantin von Hoensbroec­h. Dazu wird das Erdöl in einem Ofen erhitzt, auf etwa 350 Grad Celsius. Das ist so heiß wie ein Backofen. Dabei verdampft das Öl: Es wird zu Gas und strömt hinüber in den Turm. „In der Kolonne gibt es ein Temperatur-Gefälle“, erläutert der Experte. Unten ist es am heißesten, nach oben hin wird es kühler. Ganz unten fällt ein zäher Stoff namens Bitumen aus. Den braucht man etwa, um Straßen zu bauen. Die anderen Stoffe strömen als Gas-Teilchen weiter nach oben und treffen auf den ersten Glockenbod­en im Turm. Dort bleiben einige Gas-Teilchen hängen. Etwa jene, die später zu Diesel verarbeite­t werden. Die Teilchen kühlen an der Glocke ab und verändern ihre Form – sie werden wieder flüssig. Das nennt man Kondensati­on.

Die leichteren Teilchen steigen weiter nach oben, bis zum nächsten Glockenbod­en oder gar bis zum übernächst­en. Dort bleibt zum Beispiel das Rohbenzin hängen, kühlt ab und wird flüssig. Tanken dürfte man diese Stoffe noch nicht. Erst müssen sie in der Raffinerie weitervera­rbeitet werden. Man nennt das veredeln. Das heißt, sie werden gereinigt und mit anderen Stoffen vermischt. Erst danach bringen Tankwagen das Benzin und den Diesel zu Tankstelle­n. (dpa)

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FOTO: STEFANIE PAUL/DPA Ein Teil der Rheinland-Raffinerie in Wesseling. Eine Raffinerie ist wie eine kleine Stadt mit langen Leitungen statt Straßen.

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