Thüringische Landeszeitung (Gotha)
Streit um den Nazi-Adler vom Schlachtschiff „Graf Spee“
Die Skulptur zierte das Heck des deutschen Schiffes. Die Bundesregierung fürchtet, sie könne in die Hände von Rechten geraten
Mexiko-Stadt. In der uruguayischen Zeitung „El País“war es nur eine längere Nachricht, aber sie hat historische und politische Sprengkraft, die im fernen Berlin für Kopfzerbrechen sorgt. Nach einem jahrelangen Rechtsstreit ordnete die Justiz des kleinen südamerikanischen Landes Ende der vergangenen Woche das Verteidigungsministerium und die Admiralität an, den Bronzeadler des 1939 im Río de la Plata gesunkenen NaziKriegsschiffs „Admiral Graf Spee“zu verkaufen. Der 2,80 Meter hohe und 350 Kilogramm schwere Reichsadler war am Heck des Schiffes befestigt. Das vor 13 Jahren von dem Taucher Héctor Bado geborgene Relikt mit Hakenkreuz und Eichenlaub liegt, ebenso wie der Entfernungsmesser des Kriegsschiffes, bei der Marineverwaltung in der Hauptstadt Montevideo unter Verschluss. Und praktisch seit der Bergung im Jahr 2006 liegen der uruguayische Staat, die Familie des inzwischen verstorbenen Tauchers sowie die Finanziers der Bergung im Clinch. Nun also soll der NS-Adler unter den Hammer kommen. Und die Hälfte des Erlöses soll an die Finanziers der Bergung, Alfredo und Felipe Etchegaray, sowie die Angehörigen des Tauchers Bado gehen, der Anfang 2017 verstarb. Laut Angaben des Klägeranwalts hat der uruguayische Staat 15 Tage Zeit, um Berufung gegen die Entscheidung einzulegen. Falls er dies nicht tut, muss er den Adler und den Entfernungsmesser binnen 90 Tagen zu Geld machen. Alfredo Etchegaray begrüßte das Urteil und rief die Regierung auf, es zu akzeptieren.
Der Wert des Bronzeadlers wird auf rund vier Millionen Dollar (gut 3,5 Millionen Euro) taxiert. Die „Admiral Graf Spee“wurde am 17. Dezember 1939 von ihrem Kommandanten Hans Wilhelm Langsdorff im Río de la Plata versenkt, damit die damals moderne Radartechnik nicht in die Hände der britischen Royal Navy falle. Das Panzerschiff war zu Beginn des Zweiten Weltkriegs im Südatlantik auf Feindfahrt unterwegs. Es geriet in ein Gefecht mit Schiffen der Royal Navy und wurde schwer beschädigt. Das Schiff suchte im Hafen von Montevideo Zuflucht, aber die Regierung Uruguays verbot die Reparatur, woraufhin Kommandant Langsdorff die „Graf Spee“versenken ließ. All die Jahre nach der Bergung 2006 und des Rechtsstreits zwischen dem uruguayischen Staat und den Klägern Etchegaray und Bado hatte die Bundesregierung einen Verkauf des Adlers auf dem freien Markt zu verhindern versucht. Sie will nicht, dass die AdlerSkulptur für die Verherrlichung der NS-Herrschaft missbraucht wird. Berlin würde den Reichsadler am liebsten in einem Museum sehen.