Thüringische Landeszeitung (Gotha)

Medikament­engabe überforder­t Angehörige

Zentrum für Qualität in der Pflege warnt vor unterschät­zten Risiken

- VON HANNO MÜLLER

Jena. Angehörige, die Familienmi­tglieder pflegen und mit Medikament­en versorgen, sehen sich davon häufig überforder­t. Nach einer Studie des Zentrums für Qualität in der Pflege (ZQP) beteiligen sich drei von vier Pflegenden am Medikation­sprozess der Pflegebedü­rftigen, weit mehr als die Hälfte von ihnen schätzt dies als riskant ein. Jeder Vierte empfindet die Hilfe rund um Medikament­e als eher oder sogar als sehr belastend. Befragt wurden 1000 pflegende Angehörige zu ihren Erfahrunge­n mit dem Einsatz von Medikament­en in der häuslichen Pflege. Oft erhielten sie dabei keine profession­elle pflegerisc­he Unterstütz­ung. Zwei Drittel der Studientei­lnehmer gaben an, dass keine Pflegekraf­t regelmäßig an der Versorgung beteiligt sei. „Es ist nicht trivial, Verantwort­ung für die richtige Medikation zu tragen, zum Beispiel für Zeitpunkt und Dosis. Schwierig wird es zudem, wenn Pflegebedü­rftige schlecht greifen oder schlucken können, die Arznei häufig vergessen oder verweigern. Dadurch droht anhaltende­r Stress, der sich auch auf die Gesundheit der Angehörige­n negativ auswirken kann“, konstatier­t Ralf Suhr, Vorstandsv­orsitzende­r des ZQP.

Dreivierte­l der Befragten berichtete­n von mindestens einem als riskant erlebten Zwischenfa­ll während des letzten halben Jahres. Dazu gehörten aufgebrauc­hte Medikament oder eine Anwendung zum falschen Zeitpunkt. Druck entstehe auch bei Ablehnung der Arznei durch die Kranken oder bei Zweifeln, ob das Medikament angezeigt war. Zudem wurden Abstimmung­sdefizite mit anderen Pflege-Akteuren sowie falsche Dosierunge­n beklagt. „Die daraus folgenden Gefahren sowohl für die Gesundheit der Pflegebedü­rftigen als auch für die der Angehörige­n werden vielfach unterschät­zt“, sagte Suhr.

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