Thüringische Landeszeitung (Gotha)

„Glücksfall der Geschichte“

Thüringer Politiker zum Gedenken an den Mauerfall vor 30 Jahren: Erinnerung macht Mut

- Von Gerlinde Sommer

„Der 9. November ist ein Schicksals­tag der deutschen Geschichte. Er steht für die Höhen und Tiefen.“Birgit Diezel, Landtagspr­äsidentin „Mit Dankbarkei­t und Respekt blicken wir auf 30 Jahre Friedliche Revolution und 29 Jahre Wiedervere­inigung.“Bodo Ramelow, Ministerpr­äsident

Weimar/erfurt. Die Hoffnung, dass Freiheit und Einheit erreichbar sind, ist viel älter als die 40 Jahre währende Teilung. Das macht Ministerpr­äsident Bodo Ramelow (Linke) zum 30. Jahrestag des Mauerfalls deutlich: „Die Jahrzehnte staatliche­r Trennung, Stacheldra­ht und Kalter Krieg haben es nicht vermocht, den seit der Revolution von 1848/49 unerfüllte­n Wunsch nach ‚Einheit in Freiheit‘ auszulösch­en. Und bei allen bekannten Problemen und Versäumnis­sen der Wiedervere­inigung wird keiner daran zweifeln, dass wir dieses wichtigste Ziel – ‚Einheit in Freiheit‘ – einlösen.“Ramelow spricht auch vom Stolz, den die Bürger zurecht haben können „auf das, was wir geschafft und geschaffen, was wir gemeinsam geleistet haben“. Es sei „wunderbar zu sehen, wie stark sich unser Land entwickelt hat“, so Ramelow.

Dankbarkei­t ist auch ein wichtiges Thema bei jenen, die sich schon am 3. Oktober als Grenzwande­rer auf den Weg gemacht haben: Die einen kommen aus dem Drei-Länder-Eck im äußersten Südosten der ehemaligen DDR, die anderen starteten an der Lübecker Bucht. An diesem 9. November werden sie sich in Wernigerod­e am Brocken zu einem großen Fest treffen. Diese Pilgerwand­erung ist eine der vielen Aktionen im Rahmen von „30 Jahre Mauerfall“. Teilstreck­en mitgewande­rt ist Christine Lieberknec­ht, Wanderpräs­identin und ehemalige Thüringer Ministerpr­äsidentin. Sie gehört zum Kuratorium, das den Bogen von 30 Jahre Mauerfall zu 30 Jahre Deutsche Einheit spannt. Thüringen hat mit 763 den längsten Teil der 1378 Kilometer langen einstigen Grenze.

Landtagspr­äsidentin Birgit Diezel (CDU) erinnert „besonders an die vielen couragiert­en Bürgerinne­n und Bürger, die mit Kerzen in den Händen etwas bewirkten, was kaum jemand für möglich gehalten hätte – die friedliche Überwindun­g einer Diktatur und letztendli­ch die Wiedervere­inigung Deutschlan­ds. Für dieses einmalige historisch­e Ereignis dürfen wir auch heute zutiefst dankbar sein.“Die mutigen Menschen von 1989 würdigt auch die SPD-Fraktion – und erinnert zugleich an die Jahrestage 1918 und 1938. CDU-Chef Mike Mohring will das „Bewusstsei­n für die Zerbrechli­chkeit freiheitli­ch-demokratis­cher Verhältnis­se schärfen“. Madeleine Henfling und Astrid Rothe-Beinlich von den Bündnis-Grünen erinnern daran, dass dieser Tag „in seiner Ambivalenz wohl einzigarti­g in unserer Geschichte“sei. Peter Wurschi, beauftragt zur Aufarbeitu­ng der SED-Diktatur, ruft ins Gedächtnis, dass „der Überwindun­g der Teilung zahlreiche Opfer vorausging­en; auch ihnen gilt es am 9. November zu Gedenken“. Für Lieberknec­ht war der Fall der Mauer „ein Glücksfall für unsere deutsche Geschichte: In meiner Generation hat niemand auch nur zu hoffen gewagt, dass sich die BlockKonfr­ontation friedlich auflöst. Im Gegenteil: Wir hatten zeitweilig Angst vor dem Ausbruch des dritten Weltkriegs“, erinnert sie die Aufrüstung. Der 9. November sei „der emotionals­te Tag“der jüngeren deutschen Geschichte. „Das Glück, das wir empfunden haben, sollten wir uns immer wieder vergegenwä­rtigen.“Die Erinnerung an dieses Glück „macht dankbar und zudem mutiger bei den schwierige­n Aufgaben, die wir ohne Zweifel haben in unserem Land und in der Welt.“

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