Thüringische Landeszeitung (Gotha)
Der Mann der Stunde
Eduard Rosenthal gilt als Vater der Thüringer Verfassung. Noch 1920 wurde er Ehrenbürger seiner Heimatstadt Jena
Am 19. Februar 1920 wandte sich Jenas Oberbürgermeister Theodor Fuchs an den Vorsitzenden des Gemeinderates, Wilhelm Faber, mit der Anregung, dem jüdischen Rechtsgelehrten Eduard Rosenthal die Ehrenbürgerschaft der Stadt Jena zu verleihen. Er begründete seinen Vorschlag mit Rosenthals Wirken als Vorsitzender der örtlichen Preisprüfungsstelle und im städtischen Hilfsverein, vor allem jedoch mit dessen Verdiensten um den Zusammenschluss der einstigen Fürstentümer zum Land Thüringen.
Eduard Rosenthal vertrat seit 1909 die Universität Jena im sachsen-weimarischen Landtag. Seit 1917 gehörte er zu denjenigen Parlamentariern, die ein einheitliches Land Thüringen erstrebten. Als im Sommer 1919 der Gemeinschaftsvertrag zwischen den Thüringer Kleinstaaten zustande gekommen war, galt es, die staatsrechtlichen Grundlagen für deren Verschmelzung zu schaffen.
Als Staatsrechtler, Rechtshistoriker und erfahrener Parlamentarier war Rosenthal der Mann der Stunde. Er erhielt vom Staatsrat den Auftrag, einen Verfassungsentwurf für das Land Thüringen auszuarbeiten. Der Volksrat erteilte am 23. Januar 1920 seine Zustimmung.
Rosenthal erinnerte sich an die Beratungen über den Verfassungsentwurf: „Es war eine Freude zu sehen, wie die Bureaukraten des alten Staates mit den sozialdemokratischen und unabhängigen Mitgliedern des Staatsrates zusammenarbeiteten, alle von dem Gedanken beseelt, das große Werk der Begründung eines thüringischen Staates zu fördern.“
Die Jenaer Gemeindebehörden folgten dem Vorschlag ihres Oberbürgermeisters und verliehen Eduard
Rosenthal am 1. Mai 1920 die Ehrenbürgerschaft: „Dem hochverehrten Staatsrechtler, dem edlen Menschenfreund, dem freigebigen Helfer der Armen, dem staatsmännischen Bildner der Verfassung des geeinten Thüringer Landes, der länger als ein Menschenalter der hiesigen Universität angehört“, heißt es überschwänglich im Beschluss.