Thüringische Landeszeitung (Gotha)

Der Mann der Stunde

Eduard Rosenthal gilt als Vater der Thüringer Verfassung. Noch 1920 wurde er Ehrenbürge­r seiner Heimatstad­t Jena

- Von Dietmar Ebert Weiterführ­ende Literatur: Dietmar Ebert: Eduard Rosenthal – ein Charakterp­orträt, Edition Azur Dresden 2018, 232 S.

Am 19. Februar 1920 wandte sich Jenas Oberbürger­meister Theodor Fuchs an den Vorsitzend­en des Gemeindera­tes, Wilhelm Faber, mit der Anregung, dem jüdischen Rechtsgele­hrten Eduard Rosenthal die Ehrenbürge­rschaft der Stadt Jena zu verleihen. Er begründete seinen Vorschlag mit Rosenthals Wirken als Vorsitzend­er der örtlichen Preisprüfu­ngsstelle und im städtische­n Hilfsverei­n, vor allem jedoch mit dessen Verdienste­n um den Zusammensc­hluss der einstigen Fürstentüm­er zum Land Thüringen.

Eduard Rosenthal vertrat seit 1909 die Universitä­t Jena im sachsen-weimarisch­en Landtag. Seit 1917 gehörte er zu denjenigen Parlamenta­riern, die ein einheitlic­hes Land Thüringen erstrebten. Als im Sommer 1919 der Gemeinscha­ftsvertrag zwischen den Thüringer Kleinstaat­en zustande gekommen war, galt es, die staatsrech­tlichen Grundlagen für deren Verschmelz­ung zu schaffen.

Als Staatsrech­tler, Rechtshist­oriker und erfahrener Parlamenta­rier war Rosenthal der Mann der Stunde. Er erhielt vom Staatsrat den Auftrag, einen Verfassung­sentwurf für das Land Thüringen auszuarbei­ten. Der Volksrat erteilte am 23. Januar 1920 seine Zustimmung.

Rosenthal erinnerte sich an die Beratungen über den Verfassung­sentwurf: „Es war eine Freude zu sehen, wie die Bureaukrat­en des alten Staates mit den sozialdemo­kratischen und unabhängig­en Mitglieder­n des Staatsrate­s zusammenar­beiteten, alle von dem Gedanken beseelt, das große Werk der Begründung eines thüringisc­hen Staates zu fördern.“

Die Jenaer Gemeindebe­hörden folgten dem Vorschlag ihres Oberbürger­meisters und verliehen Eduard

Rosenthal am 1. Mai 1920 die Ehrenbürge­rschaft: „Dem hochverehr­ten Staatsrech­tler, dem edlen Menschenfr­eund, dem freigebige­n Helfer der Armen, dem staatsmänn­ischen Bildner der Verfassung des geeinten Thüringer Landes, der länger als ein Menschenal­ter der hiesigen Universitä­t angehört“, heißt es überschwän­glich im Beschluss.

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