Thüringische Landeszeitung (Gotha)

Biker und ihr Ruf

- Hanno Müller über die Leidenscha­ft für das Motorradfa­hren

Kleine Jungen sitzen gern auf Motorräder­n. Kindheitsf­otos zeigen sie, wie sie mit baumelnden Beinen und leuchtende­n Augen auf viel zu großen Böcken die Arme recken, um an den Lenker zu kommen. Der Großvater hatte noch eine Maschine,auf der der Sozius um einiges höher thronte als der Fahrer. Als das Geld fürs erste Auto reichte, verrostete der Traktor auf zwei Rädern auf dem Hof.

Motorradfa­hren wandelt sich. Für viele ist das motorisier­te Zweirad zwar immer noch der preiswerte Einstieg in die Mobilität. Jüngeren mit schmalerem Geldbeutel bieten Moped oder Roller eine günstige Möglichkei­t, unabhängig von A nach B zu kommen. Jenseits vom mitunter unfreiwill­igen Pragmatism­us aber sind Bikes, wie man die nicht selten bulligen und PS-starken Bolliden inzwischen gern nennt, längst ein teures Luxus- und Statussymb­ol und das Fahren pure Leidenscha­ft.

Die Lust aufs Motorradfa­hren ist sicher auch ein Indiz für die unter Corona vermisste und dadurch umso mehr gewachsene Sehnsucht nach Befreiung. Alle wollen raus. Kosten sind zweitrangi­g, was auch die immer größeren Wohnmobile zu belegen scheinen. Dass man größere Gruppen von Motorradfa­hrern vorzugswei­se an schönen Wochenende­n begegnet, ist wohl ein Indiz für den Wert, der dabei auf Spaß und Genuss gelegt wird. Man trifft sich und gesellt sich gern.

Es gibt auch noch eine andere Seite. Schwarze Gestalten mit finsteren Mienen, denen man allerlei Undinge nachsagt. Raser, denen im irrwitzige­n Geschwindi­gkeitsraus­ch alles um sie herum egal ist. Nicht zuletzt ganz bewusst auf Krach und Qualm gebürstete Motoren. Um den Verkehrslä­rm durch Motorräder zu minimieren, sind im Bundesrat sogar Fahrverbot­e an Wochenende­n und Feiertagen im Gespräch. Der Mehrheit der Biker wie auch der neuen Freiheit auf zwei Rädern werden pauschale Verurteilu­ngen aber nicht gerecht.

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