Thüringische Landeszeitung (Gotha)
Erste Ostdeutsche am obersten Gericht
Thüringer Politiker begrüßen die Berufung der Juraprofessorin Ines Härtel
Jahr 30 der Wiedervereinigung: Erstmals ist eine Frau an das oberste deutsche Gericht berufen worden. Am Freitag hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier der aus Staßfurt (Sachsen-Anhalt) stammenden Juraprofessorin Ines Härtel die Ernennungsurkunde überreicht. Zuvor war Härtel vom Bundesrat gewählt worden.
In Thüringen wird die Ernennung begrüßt. Justizminister Dirk Adams (Grüne) beglückwünschte Härtel. Er freue sich außerordentlich, „dass nun erstmals eine ostdeutsche Frau Richterin am Bundesverfassungsgericht ist“. Ihre Ernennung führe aber auch „zwei Ungleichgewichte auf“, die drei Jahrzehnte nach der Wiedervereinigung nach wie vor bestünden. „Es ist eben immer noch keine Normalität, dass Frauen in den hohen Ämtern unseres Landes ebenso stark wie Männer vertreten sind, und es ist eben immer noch keine Normalität, dass Ostdeutsche in diesen ebenso stark wie Westdeutsche vertreten sind“, sagte Adams. Dafür aber gebe es keine sachlichen Argumente. Mit der Ernennung Härtels sei eine „lang verhärtete Struktur aufgebrochen und ein Schritt in die Moderne gegangen worden“, so Adams.
Ähnlich positiv bewertet der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, der Erfurter Carsten Schneider, die Wahl
Härtels. Er sagte dieser Zeitung: „Ich halte es zwar für eine Selbstverständlichkeit, aber trotzdem war es einer harter Kampf.“Härtel bringe die juristische Expertise mit und den Blick auf die ostdeutschen Lebensverhältnisse. Das hebt auch der Chef des Thüringer Richterbundes, Holger Pröbstel, hervor: „Die Entscheidung ist zu begrüßen. Die Lebenswirklichkeit der Menschen im Osten des Landes muss auch an einer solchen Stelle abgebildet werden.“Mit der Ernennung Härtels gibt es unter den 16 Richtern am Bundesverfassungsgericht erstmals mehr Frauen als Männer. Härtel folgt auf Johannes Masing, dessen Amtszeit turnusmäßig zu Ende gegangen ist.