Thüringische Landeszeitung (Gotha)
Sinkende Antikörperzahl dämpft Hoffnung auf Impfstoff
Wie lange nach einer Coronavirus-Infektion ist man immun? Neue Untersuchungen stimmen nicht gerade optimistisch
In der Corona-Pandemie hoffen viele Menschen auf Immunität – nach überstandener Infektion oder durch eine bald verfügbare Impfung. Beides könnte das Immunsystem gegen den Erreger wappnen und Menschen vor der Krankheit Covid-19 schützen. Neue Untersuchungen von genesenen Covid19-Patientinnen und -Patienten dämpfen allerdings die Hoffnung auf lang anhaltende Immunität und die Wirksamkeit einer möglichen Impfung nun beträchtlich.
Bluttests der ersten Corona-Patienten in Deutschland, die Ende Januar in der München Klinik Schwabing behandelt wurden, zeigten ein deutliches Absinken der Anzahl von sogenannten neutralisierenden Antikörpern im Blut, wie Clemens Wendtner, Chefarzt der dortigen Klinik für Infektiologie, berichtete.
„Bei vier der neun Patienten sehen wir sinkende neutralisierende Antikörper in einem sehr speziellen Test, der nur in einem Hochsicherheitslabor erfolgen kann“, sagte Wendtner. „Inwieweit dies Auswirkungen auf die Langzeitimmunität und die Impfstrategien hat, ist derzeit noch spekulativ, muss aber im weiteren Verlauf kritisch beobachtet werden.“Es deute aber darauf hin, dass auch nach durchgemachter Krankheit eine Neuansteckung möglich sei.
Für die Langzeitimmunität sei neben der sogenannten B-Zell-assoziierten, über Antikörper gemessenen Immunität auch die sogenannte T-Zell-Immunität relevant. Wenn Patienten neutralisierende Antikörper verlören, könne letztere eventuell einen Schutz geben. T-Lymphozyten können virusinfizierte Zellen gezielt abtöten, wenn sie zuvor ihren Gegner einmal kennengelernt haben.
Wendtners Erkenntnisse reihen sich ein in die Erfahrungen und Studienergebnisse anderer Wissenschaftler. Chinesische Forscher etwa berichteten im Fachblatt „Nature Medicine“, dass die Antikörper nach zwei Monaten vor allem bei Patienten mit symptomfreiem Verlauf stark zurückgingen, aber auch bei tatsächlich erkrankten Patienten fielen die Werte deutlich.
Studien zu anderen Coronaviren weisen bereits darauf hin, dass eine erneute Sars-CoV-2-Infektionen komplett verhindernde Immunität vielleicht nur einige Monate bestehen bleibt, wie der Virologe Shane Crotty vom La Jolla Institute of Immunology in Kalifornien dem Fachmagazin „Nature“kürzlich erklärte. Eine Symptome abmildernde Immunität könnte es demnach allerdings länger geben.