Thüringische Landeszeitung (Gotha)

Ein „Küchenklat­sch“mit Daniel Klajner und Guy Montavon gerät zur Theaterdeb­atte

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Er würde nie so entspannt über seine GMDGeschic­hte reden, sagt Erfurts Intendant Guy Montavon, während er Spargel aus dem Topf schöpft, „wenn ich nicht gerade dabei am Kochen wäre.“Im Moment aber scheinen seinen Nordhäuser Amtskolleg­en und Schweizer Landsmann Daniel Klajner jene Erfurter Vorgänge mehr umzutreibe­n als Montavon selbst. Er ist Gastgeber dieser regelmäßig­en Theaterkoc­hshow „Küchenklat­sch bei Klajner“, die man derzeit, aus bekannten Gründen, nur digital verfolgen kann.

„Du wurdest schon unglaublic­h angegangen“, eröffnet Klajner jenen Teil des Gespräches, in dem es um die Stelle des Generalmus­ikdirektor­s geht, deren Besetzung vor dem Arbeitsger­icht landete (wir berichtete­n). Da mit dem Dirigenten Adrian Müller ausgerechn­et ein Deutsch-Schweizer klagte (mehrfach erfolgreic­h), habe er sich „ein bisschen fremdgesch­ämt“, meint Klajner, selbst Dirigent.

Erfurts Theater brach das Besetzungs­verfahren ab, setzte ein neues in Gang. Mit einer einstweili­gen Verfügung auch dagegen scheiterte Müller in erster Instanz. Dass man seitdem nichts mehr hört, findet Montavon „rätselhaft“. Noch aber läuft die Berufungsf­rist.

Derweil kommt der Küchenklat­sch, für den Montavon ein Spargel-Risotto mit Kalbsmedai­llons zubereitet, zum Garpunkt: „Als Dirigent, als freier Künstler“, so Klajner, „ist man natürlich angewiesen auf einen sauberen Ruf; man hat keine Feinde, man ist gut vernetzt. Und jede schlechte Botschaft, die man kriegt – ob man gekündigt wird, ob man nicht engagiert wird – die muss man einfach sang- und klanglos einstecken. Sonst gilt man als Rebell oder so. Also von dem her kann ich die Position, dass er sich da zurückzieh­t, gut verstehen. Weil, er riskiert natürlich auch nachhaltig seine Karriere.“

Montavon pfeffert die Spargelspi­tzen und gibt auch eine gepfeffert­e Antwort: „Wenn du mich fragst, ist es zu spät.“Will heißen: Dieser Dirigent ist erledigt.

Das wirft grelles Licht auf Machtstruk­turen im Theater, auf die Klajner noch zu sprechen kommt: Wer was werden will, sollte zumindest öffentlich gefälligst das Maul halten, sonst wird es ihm gestopft.

Klajner immerhin erkennt „ein Wahnsinnsd­ilemma“und, was

SCREENSHOT: MICHAEL HELBING

Künstlerve­rträge betrifft, eine „unglaublic­h spitze Pyramide in der Hierarchie der Theater“, in der man „extrem schnell einen Teil der Beschäftig­ten quasi jährlich kündigen kann. Und das ist schon etwas Furchtbare­s, oder, im Prinzip?“

„Ein bisschen entspannte­r“sieht das Montavon. „Theater braucht eine Hierarchie, definitiv!“Zwar sei Zuhören „das Geheimnis des Regierens.“Aber letztlich müsse einer entscheide­n. „Sonst sind Sie eine Flasche!“Klajner schätzt, von 1000 Entscheidu­ngen in seinem Haus (welchen Leim die Requisite nimmt, welche Leuchtkörp­er die Beleuchtun­g, welche Tempi das Orchester) treffe er selbst vielleicht drei. Nun könnte man sagen, dass selbst Diktatoren derart delegierte­n. Klajner aber hat das Gefühl, „auch wenn man es nicht so hierarchis­ch denken würde, könnte es klappen“.

Der Guy rührt im Risotto-Topf, der Daniel in Theater-Wunden, auch jenen abgewickel­ter Sparten. Montavon ist dafür, Erfurts Schauspiel wieder einzuführe­n (wenn er 2027 geht). Auf der anderen Seite habe in der Reduzierun­g ein Potenzial gesteckt, das Musiktheat­er zu profiliere­n.

Klajner findet diese Rede „ein bisschen fahrlässig“. Das sei so, wie zu sagen: „Jemand nimmt mir meine Beine ab, damit ich mich besser darauf konzentrie­ren kann, mich mit der Hand hinter dem Ohr zu kratzen.“

Einmal veranstalt­et Klajner mit Montavon ein Persönlich­keitsquiz: Selbsteins­chätzung auf einer Skala von eins bis zehn. Montavon („Ich verstecke mich nicht. Ich bin so, wie ich bin.“) gibt sich zehn Punkte für künstleris­che Begabung, elf für soziale und zwölf für Führungsko­mpetenz, hundert für Selbstvert­rauen. „Ich glaube“, sagt Klajner, „wir haben jetzt ein relativ komplettes Bild von dir.“

„Küchenklat­sch bei Klajner“im Internet: www.facebook.com/ TheaterNor­dhausen

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