Thüringische Landeszeitung (Gotha)
Matthias Bärwolff fordert mehr Platz für Radfahrer und ÖPNV
Der künftige Bau- und Verkehrsdezernent für Erfurt, Matthias Bärwolff (Linke), setzt sich für die Verengung von Fahrspuren auf großen Straßen zu Gunsten von Radfahrern und Bussen ein. „Wir müssen überlegen, ob jede vierspurige Straße nötig ist und welche Priorität der ÖPNV und die Radfahrer erhalten sollen“, sagt Bärwolff in einem Interview, das im Internetportal unserer Zeitung veröffentlicht wurde.
Der Stadtrat hatte Bärwolff im Dezember zum neuen Dezernenten für Wirtschaft, Bau und Verkehr gewählt. Der aktuelle Fraktionschef der Linken im Stadtrat tritt im Februar die Nachfolge von Alexander Hilge (SPD) an. Gleich nach der Wahl teilte Oberbürgermeister Andreas Bausewein (SPD) allerdings mit, dass die Wirtschaft im Gegensatz zur Ausschreibung doch nicht bei Bärwolff angesiedelt werde.
Bei einer möglichen Fahrspurverengung setzt Bärwolff auf pragmatische Lösungen. „Der Verkehrsversuch in der Talstraße, wo eine Fahrbahnverengung den Radfahrern zu Gute kommt, ist doch ein gutes Beispiel, wie pragmatische Lösungen zustande kommen können“, meint er. „Warum sollen solche Lösungen unter anderem in der Clara-ZetkinStraße nicht möglich sein?“Entscheiden werde aber nicht er, sondern der Stadtrat.
Bärwolff begründet den Vorstoß mit der geringen Mitfahrquote
in Erfurt. Nur in jedem fünften Auto sitze ein Beifahrer. „Wenn dieselben Leute jeden Tag allein dieselbe Strecke fahren, stimmt doch was nicht“, findet der neue Dezernent. „Es muss möglich sein, dass mehr Leute diese Strecke mit dem Bus oder dem Rad zurücklegen.“
Als Politiker der Linken hatte sich Bärwolff seit Jahren für einen kostenfreien ÖPNV stark gemacht. Diese Aussage relativiert er im Interview.
Auf die Frage, wann der ÖPNV kostenfrei werde, sagt Bärwolff: „Dann, wenn wir die Strukturen im Stadtverkehr so ausgebaut haben, dass wir die nötige Qualität bieten können. Wir müssen die Evag-Flotte und das Personal ausbauen und der Evag ausreichend Platz in der Stadt geben. Es bringt ja niemanden weiter, im Bus zu sitzen, wenn er im Stau steht.“Bärwolff regt an, in den nächsten Jahren zunächst einen Verkehrsentwicklungsplan speziell für den ÖPNV zu erstellen. Neben dem ÖPNV habe der Schulbau die höchste Priorität im Amt, betont Bärwolff. Der künftige Dezernent hatte einst mit der Aussage, ein Großteil der Erfurter Schulen sei bereits saniert, Proteste von Lehrern und Eltern ausgelöst.
„Ich bleibe dabei, dass ein Teil der Schulen saniert ist“, sagt er im Interview. „Bei den Berufsschulen muss sich Erfurt nicht verstecken. Aber ein Drittel der
FOTO: HOLGER WETZEL
Schulen ist in einem katastrophalen Zustand.“Als Strategie regt er an, „Ausweichquartiere in Größenordnungen zu schaffen“und eine Struktur aufzubauen, in der die Sanierung gelingen kann. „Ich halte nichts davon, Dinge zu versprechen, die wir nicht halten können, wie eine Sanierung aller Schulen in zehn Jahren“, meint Matthias Bärwolff. „Aktuell reichen die beiden Ausweichquartiere nicht, im Jahr drei oder vier Schulen zu sanieren. Eine Sanierung im laufenden Betrieb funktioniert auch nicht. Zu den Lösungen braucht es nicht allein das Liegenschaftsamt: die Stadtplanung, das Bildungsamt und viele weitere Ämter müssen alle an einem Strang ziehen.“