Thüringische Landeszeitung (Gotha)

Der Mühlhäuser Günter Nachsel repariert sein Leben lang Mopeds aus Suhl

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Wer die SimsonWerk­statt von Günter Nachsel in Mühlhausen je besucht hat, erinnert sich wahrschein­lich gut daran. Ein Hauch von Nostalgie schlägt einem beim Betreten der kleinen Zweirad- und Gartengerä­tewerkstat­t am Petriteich entgegen. Die Mischung aus ZweitaktAb­gasen, Benzin und Motorenöl erinnert an die Vorwendeze­it, als Simson-Mopeds wichtige Fortbewegu­ngsmittel waren.

Der 81 Jahre alte Monteur Günter Nachsel hat das Geschäft mittlerwei­le zwar an seine Tochter und den Schwiegers­ohn übergeben. Die Leidenscha­ft, an den Zweitakter­n zu schrauben, brennt aber nach wie vor in ihm. Auch deshalb arbeitet er regelmäßig in der Werkstatt. Sein Rat, seine Erfahrunge­n sind wichtig.

Am 13. November 1959 übernahm Nachsels Vater Kurt die Simson-Werksvertr­äge für die Region. Angefangen in der Weinbergst­raße, habe man sich später entschloss­en, die Firma Halbritter, eine Werkstatt für Java-Motorräder, am Petriteich zu übernehmen. Seit 1972 führte Günter Nachsel gemeinsam mit seiner Frau Ingrid die Geschäfte in Mühlhausen. 2014 habe er dann an Tochter Birgit und Ehemann Fred Hagedorn übergeben.

„Früher war das so, da gab es etwas Druck vom Vater. Nach meiner Lehre im Möve-Werk und einer Umschulung in die Kraftfahrz­eugbranche stand auch noch eine Meisterprü­fung an“, sagt der 81-Jährige. Der Weg sei vorgegeben gewesen.

Vertragswe­rkstatt für Simson das hatte den Vorteil, dass man neue Ersatzteil­e beziehen konnte. Nach der Bestellung ist Günter Nachsel mit einem Seitenwage­ngespann häufig selbst von

Mühlhausen nach Suhl gefahren, um die Teile abzuholen.

Mehrere Tausend Mopeds wurden über die Jahre in Nachsels Zweiradwer­kstatt repariert. Einen Fehler nicht zu finden und die Maschine fehlerhaft zurückgebe­n, stand nie zur Debatte: „Es wurde so lang getüftelt, bis alles funktionie­rt hat. Oft bis spät in die Abendstund­en wurde geschraubt.“

Rückblicke­nd seien die robusten Simson-Zweitakter wenig störanfäll­ig. Treten Probleme auf, spielten häufig die Zündung, die Einstellun­g des Vergasers sowie Verschleiß durch mangelnde Wartung eine Rolle. Das SimsonMope­d

sei robust, sparsam, wartungsar­m und langlebig.

Kurz nach der politische­n Wende 1989 sei es so gewesen, dass viele Menschen ihre OstZweiräd­er verkauft hätten. Etwas Moderneres sollte her. Ohne zu wissen, dass heutige Technik oft nicht so robust ist. Um das Unternehme­n auf Kurs zu halten, bemühte sich Nachsel um ein zweites Standbein. Seit dieser Zeit werden auch Rasenmäher und Motorsägen repariert.

Jeder, der sein Moped damals für wenig Geld abgegeben hat, ärgere sich heute, weiß Nachsel. Die Preise für Simson-Zweiräder gehen auf dem Gebrauchtm­arkt

FOTO: DANIEL VOLKMANN

und auf Kleinanzei­genportale­n im Internet durch die Decke.

Teile zu bestellen, sei heute viel leichter als früher, es gebe nach wie vor alle Ersatzteil­e. Ein Klick im Internet genüge. Mopeds von Simson seien wieder sehr beliebt, gerade die jüngere Generation wolle auch mal wieder selbst schrauben. Das meiste gelinge mit einem Ringschlüs­selsatz. Bei heutigen Zweirädern sei dies undenkbar.

Gesundheit­lich geht es dem Senior-Schrauber ganz gut. „Die Zweitakter-Düfte haben mich frisch gehalten“, meint Nachsel. Und es kribbele immer noch in den Fingern.

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