Thüringische Landeszeitung (Gotha)
„Magisch neu erfunden“Deutscher Jazzpreis feiert Premiere. Ein Preisträger bald in Erfurt
Gera. Hamburg.
Lucia Cadotsch zum Beispiel. Die Sängerin aus Zürich erhielt 2017 einen Jazz-Echo für das erste Album ihres Trios Speak Low, mit den Schweden Otis Sandsjö (Saxofon) und Frans Petter Eldh (Bass). Ein Jahr später war sie auf der Jazzmeile Thüringen unterwegs, während der Echo für einen Skandal sorgte und kläglich scheiterte. Und nun war Cadotsch die erste, die am Donnerstagabend den Nachfolgepokal erhielt: den Deutschen Jazzpreis, vergeben in 31 Kategorien, mit jeweils 10.000 Euro aus dem Kulturhaushalt des Bundes.
Dass Lucia Cadotsch, die viel lieber (und besser) singt als redet, die Tränen kamen, hatte mit dem Preis selbst aber weniger zu tun. Sie erklärte, „wie viel es mir bedeutet, Teil dieser Szene zu sein“und dass sie in dem monatelangen Lockdown das Spielen mit den Kollegen so sehr vermisste.
Die Jazzpreis-Premiere ereignete sich an einem Punkt, an dem dergleichen ein Ende haben dürfte. Die mehr als dreistündige Übertragung aus Hamburg sowie den Jazzclubs ATrane
Konzertveranstalter Karsten Jahnke erhielt den Deutschen Jazzpreis für sein Lebenswerk.
(Berlin), Unterfahrt (München) und Ella & Louis (Mannheim) fand ohne Publikum statt: im Livestream, unter anderem auch auf der Internetseite „Jazz in the City“von Funke Medien Thüringen, Partner des Preises.
Auf dem Album „Speak Low II“hätten Cadotsch und Co. Standards aus dem Great American Songbook „magisch neu erfunden“, so Jurorin und Laudatorin Ute Lemper. Und dieses Prinzip, aus dem Sound des 20. Jahrhunderts veritable Zukunftsmusik zu machen, ließe sich wohl auf viele Preisträger anwenden: etwa auf dem US-amerikanischen Schlagzeuger
Brian Blade, der auf diese Weise schon vor 21 Jahren den Jazzkeller Eisenach aufheizte und nun einen der Preise in internationalen Kategorien erhielt.
Blades Kollege, der deutsche Schlagzeug-Improvisateur Christian Lillinger, hat dabei die Jazzgrenzen fast schon hinter sich gelassen und wurde derart nun zum „Künstler des Jahres“. Auch herausragende Instrumentalistinnen räumten Jazzpreise ab: die Pianistinnen Aki Takase und Julia Hülsmann (mit ihrem Quartett oder die Bassistin Eva Kruse).
Festival des Jahres wurden die Leipziger Jazztage Transitions, Club des Jahres das Berliner Loft. Fürs Lebenswerk wurde Konzertveranstalter Karsten Jahnke geehrt, auch mit einer Laudatio von Herbie Hancock. Einer der Preisträger wird im Sommer beim Alternativfestival der Funke-Serie „Jazz in the City“im Zughafen auftreten. Wer das sein wird, soll in zwei Wochen feststehen. Den Anfang des über vier Wochenenden stattfindenden Festivals machen indes am 30. Juli die Electro-Jazz-Band „Nighthawks“.