Thüringische Landeszeitung (Gotha)
Wille allein reicht nicht
Auch wenn es angesichts der Temperaturen jenseits der 20 Grad hierzulande etwas schwerfällt: Deutschlands Eishockey-Nationalmannschaft hat die Herzen der Sportfans erwärmt, weil sie im entscheidenden Augenblick einen kühlen Kopf bewahrt hat. Wintersport kann manchmal eben auch im Sommer begeistern.
Selbst wenn die Kufencracks auf dem Weg zur ersten WM-Medaille seit dem zweiten Platz beim Turnier 1953 in der Schweiz nun im Halbfinale ausgerechnet auf Titelverteidiger Finnland treffen, haben sie schon jetzt beste Werbung für ihren Sport betrieben.
Mit König Fußball ist Eishockey natürlich nicht zu vergleichen. Aber wenn beim dramatischen Viertelfinale gegen die Schweiz in der Spitze immerhin 1,53 Millionen Zuschauer beim übertragenden Spartensender Sport1 einschalten, dann ist das ein traumhafter Wert.
Mag die olympische Silbermedaille vor drei Jahren bei den Winterspielen in Südkorea noch eine echte Sensation gewesen sein. Ein Zufallsprodukt ist die HalbfinalTeilnahme nun bei der Weltmeisterschaft in Lettland sicherlich nicht mehr. Der einst marode Verband arbeitet seit ein paar Jahren wieder mit stabilen Strukturen. Und der seit Januar 2019 amtierende Bundestrainer Toni Söderholm hat es geschafft, das spielerisch limitiert wirkende Auftreten der Mannschaft mit Leidenschaft und Wille zu überdecken.
So gelang es der deutschen Auswahl, auch das Fehlen der NHLStars Leon Draisaitl und Philipp Grubauer zu kaschieren. Aber nun muss der nächste Schritt in der Entwicklung her. Wenn gegen Finnland tatsächlich der nächste Coup und damit die erste WM-Medaille seit 68 Jahren gelingen soll, reicht Kampfgeist allein nicht mehr aus.